Rechte Terrorgruppe bedroht Politiker, Aktivisten und Journalisten in Kolumbien mit dem Tod

"Schwarze Adler" sollen Geheimdiensten nahestehen. Auch Vertreter der politischen Mitte im Visier. EU-Abgeordnete rufen zu Handeln auf

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Pamphlet der "Schwarzen Adler" in Kolumbien
Pamphlet der "Schwarzen Adler" in Kolumbien

Bogotá. Parallel zu einer Mordwelle an Aktivisten in Kolumbien, die seit dem Wahlsieg des Rechtskonservativen Iván Duque noch einmal zugenommen hat, kommt es landesweit nun auch wieder vermehrt zu Todesdrohungen gegen Politiker, Menschenrechtler, Umweltaktivisten und Journalisten. Teil der Kampagne sind eine Reihe von Pamphleten der ultrarechten Terrorgruppe "Schwarze Adler" (Águilas Negras).

Der unterlegene linksgerichtete Präsidentschaftskandidat Gustavo Petro vertrat nun öffentlich die These, dass die Rechtsterroristen Teil der Strukturen der staatlichen Geheimdienste seien. Unterstützt wurde die Theorie von Senator Iván Cepeda. Petro selbst haben die Rechtsterroristen neben 51 weiteren Politikern und Aktivisten in einem ihrer Pamphlete zum "militärischen Ziel" erklärt.

Zu den weiteren Bedrohten gehören selbst Funktionäre der scheidenden Regierung von Präsident Juan Manuel Santos, Vertreter von Opferorganisationen, liberale Politiker, die die Allianz zwischen der Liberalen Partei und Duque scharf kritisiert hatten, Politikerinnen der Grünen, Mitstreiter von Petro und die Journalistin Jineth Bedoya. Auch das linke Bündnis Patriotischer Marsch (Marcha Patriótica), Menschenrechts- und Friedensorganisationen sowie das Onlineportal La Silla Vacía bedrohen die "Adler". Alle seien in Wirklichkeit Guerilla-Organisationen und -kämpfer, heißt es in einem Drohschreiben.

Andere Schriftstücke der "Schwarzen Adler" scheinen einen ökonomischen Hintergrund zu haben. Zum Beispiel drohen sie Gegnern des Frackings im Departement Boyacá oder Landaktivisten im Norden des Departements Cauca. Dort sollen die Mitglieder der indigenen Organisation Acin ermordet werden, wenn sie nicht wegziehen, heißt es in einem Pamphlet. Der Grund dafür sei, dass sie "den Unternehmern der Region schaden". Indigene Gemeinden besetzen seit Jahren Ländereien des Landwirtschaftsmagnaten Carlos Ardila Lülle, um Nahrungsmittel anzubauen. Der Medienmogul hatte die Präsidentschaftskampagne von Iván Duque unterstützt.

Auch mehrere angesehene Journalisten von Leitmedien bekamen innerhalb von wenigen Tagen Morddrohungen. In den meisten Fällen handelt es sich um Personen, die kritische Informationen über den ultrarechten Ex-Präsidenten Álvaro Uribe aufgegriffen oder die sich für den Kandidaten Petro ausgesprochen haben. Letzteres hat die Semana-Kolumnistin Jimena Duzán getan. Sie soll "vergewaltigt, bespuckt und mit einer Elektrosäge zerstückelt" werden, heißt es in einer anonymen Drohung per Twitter.

Die Morddrohungen stehen im Kontext der jüngst zunehmenden Gewalt in Kolumbien. Tatsächlich sind alleine in diesem Jahr 130 Landaktivisten, Menschenrechtler und Umweltverteidiger ermordet worden. Unter den Opfern befinden sich auch Unterstützer des Projekts Menschliches Kolumbien (Colombia Humana) von Gustavo Petro. Sein Mitstreiter Jorge Rojas wies darauf hin, dass in den Regionen, in denen am meisten Aktivisten ermordet werden, Petro mehr Stimmen als Duque erhalten hatte. Er sieht in der Mord- und Drohungswelle den Versuch, die Bevölkerung angesichts der Bürgermeisterwahlen 2019 einzuschüchtern. Das Bündnis Menschliches Kolumbien will bei diesen Wahlen seinen Einfluss deutlich ausbauen.

Eine Gruppe von 38 EU-Abgeordneten sieht hinter den Morden an Aktivisten ein systematisches Vorgehen. Sie haben in einem Brief die Hohe EU-Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik Federica Mogherini zu einer "unverzüglichen Intervention" aufgerufen. Sie erwähnen auch, dass in einigen Brennpunkten der Gewalt Megaprojekte mit europäischer Beteiligung durchgeführt werden.

Bisher spricht nichts dafür, dass die Gewalt unter Duque, der das Präsidentschaftsamt am 7. August antritt, abnehmen wird. Äußerungen seines Verteidigungsministers Guillermo Botero und des Ex-Präsidenten sund aktuellen Senators Álvaro Uribe, der Duques Mentor ist, lassen sogar mehr Repression erwarten. Botero hat angedeutet, die Protestaktionen der sozialen Bewegungen einzuschränken.

Besonders beunruhigend fanden Oppositionelle ein Tweet von Uribe, in dem er praktisch die Zunahme der Mordquote  unter der Regierung Duque im Kontext des von der US-Regierung finanzierten "Krieges gegen die Drogen" ankündigt. Santos hätte die Tragödie des Mordens nur aufgeschoben, schreibt der heutige Senator: "Was wird passieren, wenn die neue Regierung gegen die 209.000 Hektar Koka-Pflanzungen vorgehen wird?"