Neue Morde und Drohungen in Kolumbien, ELN dementiert Schuld an Massaker

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Protestaktion: Dieser LKW blockiert eine Straße zwischen Cali und Buenaventura in Kolumbien
Protestaktion: Dieser LKW blockiert eine Straße zwischen Cali und Buenaventura in Kolumbien

Cali. Ein Massaker im Süden von Kolumbien Anfang dieses Monats belastet den ohnehin fragilen Friedensprozess mit der Guerillaorganisation Nationale Befreiungsarmee (Ejército de Liberación Nacional, ELN). Im abgelegenen Dorf Argelia im Department Cauca waren die Leichen von sieben Männern mit Spuren schwerer Misshandlungen aufgefunden worden. Die Toten konnten von den Anwohnern der umliegenden Dörfer nicht identifiziert werden und wurden zunächst in die Gerichtsmedizin in Popayán transportiert.

Unmittelbar nach Bekanntwerden des Fundes beschuldigten hohe Militärs, ein Staatsanwalt sowie der designierte Präsident Iván Duque über soziale Netzwerke die ELN der Morde. Duque am 17. Juni im zweiten Wahlgang gewählt worden.

Als Reaktion auf diese Anschuldigungen schrieb die ELN in einem offenen Brief, sie sei erschüttert über die Unfähigkeit des Staates, Morden und Gewalt gegen die Zivilbevölkerung Einhalt zu gebieten. Die ELN wirft der Regierung vor, die Verantwortlichen für die Gewalt zu schützen.

Zugleich wies die Guerillaorganisation jede Verantwortung an den Morden im Cauca und dem Massaker in Argelia zurück. Zu den Anschuldigungen schrieb sie: "Uns besorgt massiv, dass das Militär sich der Medien bedient, um falsche Nachrichten zu verbreiten und damit den Friedensprozess zu riskieren." Weiter gibt sie bekannt, dass in der Region eine ihrer Einheiten aktiv sei und in dem Ort des Massakers "zahlreiche kriminelle Banden, ultrarechte Paramilitärs und sogar Einheiten des Militärs und der Polizei ihr Unwesen treiben".

Der ELN wird von der Regierung und der Rechten immer wieder vorgeworfen, Schuld an Morden unter der Zivilbevölkerung zu sein. Die politischen Verantwortlichen der aktiven Guerillagruppen weisen indes darauf hin, dass sie keine Motive dazu hätten, linke Aktivisten zu ermorden.

Seit der Wahl des neuen Präsidenten Duque wurde ein massiver Anstieg rechter Gewalt gegen die Opposition verzeichnet. Mindestens täglich werden Morde an sozialen Aktivisten bekannt und die Bedrohung sowie Ermordungen von Mitgliedern der Wahlkampfteams des unterlegenen linken Kandidaten Gustavo Petro sind alltäglich.

In Medellín, der Hauptstadt der rechten Hochburg Antioquia, hat die Ombudsstelle für Menschenrechte (Defensoría del Pueblo) eine Warnung herausgegeben, in der sie die Lage im Department und vor allen in den armen Vierteln der Stadt als dramatisch und besorgniserregend beschreibt. Paramilitärische Gruppen würden das Territorium unter ihre Kontrolle bringen wollen und dafür die Bevölkerung terrorisieren. Die akute Gefahr betreffe vor allem Jugendliche, die in dramatischer Häufigkeit Opfer von Straftaten wie Verschwindenlassen, Folter, Zwangsrekrutierung und zwangsweiser Anwerbung von vor allem minderjährigen Auftragsmördern seien. Antioquia ist die Stammregion von Iván Duque und seines politischen Ziehvaters, des Ex-Präsidenten Álvaro Uribe.

Von Drohungen seitens der Paramilitärs wird derweil im gesamten Land berichtet. In zahlreichen Städten zirkulieren Flugblätter, in denen zur "sozialen Säuberung" und "Vernichtung der Linken" aufgerufen wird. Dabei werden gezielte Morde an teilweise namentlich in den Pamphleten genannten Aktivisten angekündigt. Bisher richten sich die Drohungen vor allem gegen Kleinbauern, Indigene und Afroaktivisten. An Mitgliedern dieser Gruppen werden auch die meisten Morde verübt. 

In den letzten beiden Tagen wurden nun auch erneut Journalisten direkt Opfer von Drohungen paramilitärischer Gruppen. Die Uribe-kritische Journalistin María Jimena Duzán und zwei ihrer Kolleginnen der Nachrichtenseite Silla Vacía wurden in den letzten Tagen persönlich bedroht. Angeblich habe die Staatsanwaltschaft bereits die Ermittlungen aufgenommen.

In den Fällen von Morden an Aktivisten herrscht fast vollständige Straflosigkeit.