Nicaragua / Politik

Viele Tote bei erneuten Zusammenstößen in Nicaragua, Dialog wieder ausgesetzt

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Die Ausschreitungen in Nicaragua mit einer Vielzahl von Toten und Brandanschlägen auf staatliche Einrichtungen gehen weiter
Die Ausschreitungen in Nicaragua mit einer Vielzahl von Toten und Brandanschlägen auf staatliche Einrichtungen gehen weiter

Managua. Wenige Tage nachdem sich beide Seiten wieder auf die Fortsetzung des Dialogs geeinigt hatten, ist es im Umfeld von Demonstrationen am 30. Mai in verschiedenen Städten Nicaraguas laut Medienberichten zu mindestens 15 Toten und bis zu 200 Verletzten gekommen. Daraufhin erklärten die Bischöfe, die der "Gemischten Kommission für den Dialog" vorsitzen, dass "der nationale Dialog nicht wieder aufgenommen werden kann, solange dem nicaraguanischen Volk weiterhin das Recht verweigert wird, frei zu demonstrieren und weiterhin unterdrückt und getötet wird". Die Regierung äußerte indes, dass der Dialog nur mit internationaler Garantie durchgeführt werden könne.

Wie es zu den Todesfällen kam, bleibt unklar. Die Verantwortung wurde von Vertretern der Kirche und der "Bürgerallianz" der Regierung zugeschrieben. Außenminister Denis Moncada erklärte hingegen, dass sich die Regierungsgegner zu Provokationen zusammengeschlossen hätten, um in der Folge dann die Institutionen der öffentlichen Ordnung für nicht existente Angriffe zu beschuldigen. Organisierte Gruppen von Gewalttätern hatten zudem seit Mitte der Woche Brandanschläge auf mehrere staatliche Einrichtungen verübt

Auch die Berichte der Polizei widersprechen der Darstellung der "Bürgerallianz" und der Kirchenvertreter deutlich. Sie listet viele Fälle von Schusswaffen- und Mörsergebrauch seitens der Demonstranten, Fälle von bewaffneten Angriffen auf Gebäude, kriminelle Überfälle etc. auf. Nach der Kritik von Dialogteilnehmern, dass sich die Polizei nicht um bewaffnete Gruppen kümmere, die gewaltsam gegen Protestierende vorgehen, hat die Polizei bei Demonstrationen ihre Sicherheits- und Ordnungsaufgaben nun wohl wieder aufgenommen.

Die Menschenrechtsorganisationen CENIDH spricht indes davon, dass die Verantwortung für die Todesfälle nicht "exklusiv" bei der Polizei läge, sondern auch bei Selbstschutzorganisationen und bewaffneten Dritten, die eine repressive Rolle spielten. Diese Anschuldigung wurde von Außenminister Moncada als Teil einer Verleumdungskampagnen zurückgewiesen.

Unterdessen hat die Regierung mit der Organisation Amerikanischer Staaten an Elementen für die Reform des Wahlsystems und an erforderlichen Maßnahmen für Wahlgarantien und damit für freie, faire, demokratische und transparente Wahlen weitergearbeitet. Diese Veränderung war von Unternehmern und der Bürgerallianz gefordert worden. Der endgültige Rückzug von Roberto Rivas aus dem Obersten Wahlrat gilt als einer von vielen Schritten bei dieser Veränderung.

Eine Schilderung der Ereignisse des 30. Mai von Giorgio Trucchi, dem in Nicaragua lebenden italienischen Journalisten, finden sie hier