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Fake-Profile von Twitter beeinflussten Wahlkampf in Brasilien

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Fake-Accounts beherrschten zu 20 Prozent die Debatte auf Twitter um das TV-Duell zwischen Dilma Rousseff und Aécio Neves im Präsidentschaftswahlkampf 2014
Fake-Accounts beherrschten zu 20 Prozent die Debatte auf Twitter um das TV-Duell zwischen Dilma Rousseff und Aécio Neves im Präsidentschaftswahlkampf 2014

Brasília. Falsche Twitter-Profile haben auf den brasilianischen Präsidentschaftswahlkampf 2014 Einfluss genommen. Nachweislich haben künstliche, eigenständige Fake-Profile, sogenannte Bots, sowohl für den aussichtsreichen Kandidaten der konservativ-neoliberalen Partei PSDB, Aécio Neves, und die Kandidatin der Grünen Partei PV (heute Rede), Marina Silva, als auch für die Kandidatin der linken Arbeiterpartei PT und spätere Präsidentin, Dilma Rouseff, in großem Umfang Nachrichten über den Messangerdienst Twitter versendet, um Einfluss auf den Wahlausgang zu nehmen.

In entscheidenden Momenten des Wahlkampfes wie den Fernsehdebatten sollen die automatisierten Profile für 20 Prozent der Interaktionen von vermeintlichen Anhängern der Kandidaten auf Twitter verantwortlich sein. Dies geht aus einer Studie des Forschungsinstitutes Fundação Getúlio Vargas (FGV) hervor.

Demnach machten mindestens 699 Bots Werbung für die Kandidaten Neves und Silva und 509 Accounts verbreiteten Inhalte von Rousseff. Insgesamt seien 773.000 Veröffentlichungen durch die Bots erfolgt, durchschnittlich 419 pro Account, wie die Studie zeigt. Die Forscher sehen darin eine "gefährliche Einflussnahme auf die politisch-demokratische Sphäre". Laut dem Soziologen und Leiter der Studie, Marco Aurélio Ruediger, kann der Einsatz falscher Accounts in einem solch großen Ausmaß bedeutenden Einfluss auf das haben, was die Menschen an Informationen erhalten und die Wahrnehmung dessen verändern, was gerade gesellschaftlich diskutiert wird.

Die Studie beweist darüber hinaus, dass die Inhalte, die von den Bots verbreitet werden, von Firmen stammen, die für den Wahlkampf der jeweiligen Kandidatin engagiert wurden. Dabei würden sie keine Werbung gegen andere Kandidaten machen, sondern sich nur positiv auf den eigenen Kandidaten beziehen.

Die Forscher fanden zudem heraus, dass viele der Fake-Accounts Profilbilder aus Russland oder osteuropäischen Ländern haben. Allein für den rechtskonservativen Kandidaten Neves sollen mindestens 24 Accounts aus Osteuropa mit 14.440 Interaktionen auf Twitter verantwortlich sein. Beispielsweise seien auf den Profilfotos unterschiedlicher Nutzer dieselben Personen vor verschiedenen Orten in Russland zu sehen. Forschungsleiter Ruediger vermutet, dass für den Wahlkampf Accounts von Menschen aus Russland und Osteuropa gekauft wurden.

Die Forscher befürchten für den anstehenden Wahlkampf 2018 eine erneute Einflussnahme durch künstliche Profile wie es 2014 oder zuletzt im US-Präsidentschaftswahlkampf geschehen sei. Für den Soziologen Ruediger steht zu erwarten, dass "es Anstachelungen genauso geben kann wie Verformungen der politischen und demokratischen Sphäre oder das Setzen von Themen".

Die Pressestelle des Senators Aécio Neves bestritt gegenüber der Zeitung Folha de São Paulo den Einsatz von Robotern oder das Nutzen fremder Profile. Der Wahlkampfleiter von Marina Silva, Caio Tulio Costa, erinnerte daran, dass sein Team bereits im Wahlkampf 2014 Twitter auf "merkwürdige Bewegungen von Pro-Marina-Tweets" hingewiesen habe. Rousseffs Pressestelle wollte die jüngsten Berichte nicht kommentieren.