Kuba / Politik

Ende der Ära Castro in Kuba zeichnet sich ab, Wechsel an Staatsspitze

Nationalversammlung wählt heute Nachfolger von Staats- und Regierungschef Raúl Castro. Historische Generation tritt allmählich von politischer Bühne ab

Havanna. Die kubanische Nationalversammlung hat am gestrigen Mittwoch Vizepräsident Miguel Díaz-Canel als neuen Staats- und Regierungschef vorgeschlagen. Der 1960 geborene Funktionär wird damit aller Wahrscheinlichkeit nach am heutigen Donnerstag auf Amtsinhaber Raúl Castro folgen und die sogenannte historische Generation der Revolutionäre an der Staatsspitze ablösen.

Die Nationalversammlung fällte den Beschluss während ihrer konstituierenden Sitzung. Die ursprünglich für den 19. April geplante Versammlung, bei der die Wahl des neuen Präsident als wichtigster Tagesordnungspunkt von vornherein feststand, begann einen Tag früher, um "die Maßnahmen dieser bedeutsamen Sitzung besser durchzuführen", wie es bei Radio Rebelde hieß.

Raúl Castro hatte schon vor längerer Zeit angekündigt, nach zwei Amtszeiten nicht mehr für den Posten des Staats- und Ministerratspräsidenten zur Verfügung zu stehen. Unter den Abgeordneten des neu gewählten Parlaments wurde in den vergangenen Wochen eine Umfrage zur Ermittlung möglicher Nachfolger durchgeführt. Als aussichtsreichster Kandidat gilt von vornherein Díaz-Canel.

Ein Systemwechsel, wie er in den USA und westlichen Staaten seit geraumer Zeit erhofft und gefordert wird, bleibt in Kuba aber aus. "Die kubanischen Präsidenten werden immer die Revolution verteidigen", sagte Díaz-Canel im November vergangenen Jahres gegenüber Pressevertretern: "Vor allem brauchen wir Kontinuität." Raúl Castro wird indes auch nach seinem Rückzug vom Posten des Staats- und Regierungschefs die Zügel noch nicht aus der Hand geben: Mindestens bis 2021 wird er die regierende Kommunistischen Partei Kubas (PCC) anführen.

Die Bekanntgabe der neuen Staatsführung fällt bewusst auf das Jubiläum des Sieges über eine US-organisierte Invasion in der Schweinebucht im Jahr 1961: Am 19. April scheiterte damals nach mehrere Tage dauernden Angriffen der Versuch von Exilkubanern, die noch junge revolutionäre Regierung zu stürzen. Der Putschversuch war vom US-Auslandsgeheimdienst CIA unterstützt und die Teilnehmer in Mittelamerika trainiert worden. Die kubanischen Verteidigungstruppen wurden von dem Ende 2016 verstorbenen Revolutionsführer Fidel Castro persönlich angeführt. Die Niederschlagung der Invasion wurde zu einem seiner größten Triumphe und führte zur politischen Radikalisierung: Nach dem Sieg über die Konterrevolutionäre rief Fidel Castro in Havanna den sozialistischen Charakter der Revolution aus.

2006 hatte der Revolutionsführer seine Amtsgeschäfte aus gesundheitlichen Gründen zunächst vorläufig an seinen jüngeren Bruder und langjährigen Verteidigungsminister Raúl abgegeben. 2008 trat Raúl Castro dann offiziell die Nachfolge als Staatschef an. Der allmähliche Rückzug der gealterten Revolutionäre wird in Kuba seither ständig diskutiert, sodass die Menschen auf den Wechsel vorbereitet sind.

Die personellen Veränderungen fallen indes in Zeiten des wirtschaftlichen Wandels in Kuba, der das Land vor einige Herausforderungen stellt. Hinzu kommt ein erneut angespanntes Verhältnis zu den USA unter Präsident Donald Trump. Nach scharfen Angriffen von US-Vizepräsident Mike Pence beim jüngsten Amerika-Gipfel in der peruanischen Hauptstadt Lima hat Kubas Außenminister Bruno Rodríguez die Attacken vor wenigen Tagen entschieden zurückgewiesen. "Erwarten Sie nicht, dass Kuba auch nur einen Millimeter von seinen Prinzipien abweicht oder aufhören wird, den Sozialismus aufzubauen", so Rodríguez am Samstag.

In seiner Rede auf der Plenarsitzung hatte Pence vor allem Kuba und Venezuela attackiert. Kuba sei ein "müdes kommunistisches Regime", dass seine eigene Bevölkerung verarme und ihr fundamentale Rechte vorenthalte. Im Falle Venezuelas sagte er, die USA müssten "viel mehr tun". Venezuela solle noch weiter isoliert werden. Zudem verurteilte Pence Kuba für den "Export einer gescheiterten Ideologie in die Region".