Protest gegen vierspurige Autobahn in Argentinien

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76 Prozent der geplanten Autobahn würden durch Naturschutzgebiete verlaufen
76 Prozent der geplanten Autobahn würden durch Naturschutzgebiete verlaufen

Cosquín. In der Provinz Córdoba ist nach Angaben von Umweltschützern in den letzten 20 Jahren der Großteil des natürlichen Waldes zugunsten großflächiger Agrar- und Inmobilienprojekten vernichtet worden. Nur drei Prozent des ursprünglichen Waldes hätten überlebt. Die kleine Sierra bei Córdoba beherbergt noch Naturwald mit einheimischen Bäumen und Büschen, der die Ortschaften des Tals mit Wasser versorgt, vor Überschwemmungen schützt und Erholungsmöglichkeiten für Touristen anbietet.

Im Dezember 2016 begannen südlich von Cosquín, einem Ort in den Bergen des Punilla-Tals, die Bauarbeiten für ein großes Infrastrukturprojekt im Rahmen der Südamerikanischen Initiative für Regionale Infrastrukturanbindung: Der Bau einer Brücke über den San-Roque-Stausee und der erste Abschnitt einer vierspurigen Autobahn durch das Tal. Die Einwohner erfuhren von dem Vorhaben erst mit Baubeginn. Eine Planungsphase unter Einbeziehung der direkt betroffenen Bevölkerung gab es nicht.

Die Zerstörung der Berghänge und des Naturwaldes hat laut Umweltschützern im letzten Jahr schwerwiegende Folgen für die Einwohner und die Umwelt mit sich gebracht: Wasseradern und –zuflüsse trocknen schon jetzt aus. Die Abtragung der Berge und die Bergaufschüttung an anderen Stellen gefährden den Lebensraum einiger Anwohner. Es gibt keinen Schutz vor Erdrutschen und Überschwemmungen, zu denen es bei schweren Regenfällen in der Nähe der abgetragenen Waldhänge bereits kam.

Bald soll die zweite Etappe des Autobahnprojekts beginnen: die Verbindung von San Roque bis Cosquín. Ein weiterer Teil des Naturwaldes müsste dem Bau weichen, um die Anbindung an die nördlichen Provinzen und schließlich bis Chile zu garantieren. Das Ausmaß der ökologischen Katastrophe würde sich auf viele weitere Ortschaften des Punilla-Tals und seine Bevölkerung ausweiten. 76 Prozent der geplanten Trasse würde durch Naturschutzgebiete verlaufen und Flora und Fauna zerstören.

Umweltaktivisten und Bewohner des Tals wollen die Zerstörung des Bergwaldes aufhalten und bringen ökologische, soziale und wirtschaftliche Argumente vor. Auch sei die Autobahn in diesem Ausmaß nicht notwendig, Alternativen seien möglich.

Die Aktivisten fordern die Provinz- und die Lokalregierungen auf, umzudenken und Alternativen aufzuzeigen, die den Wald schützen. Eine Möglichkeit wäre das Projekt der Planungsbehörde: Hier würden bereits bestehende Landstraßen zu Autobahnen ausgebaut und nur drei statt 76 Prozent der Trasse würde durch das Naturschutzgebiet verlaufen.

Ein weiteres Argument gegen den Bau ist das Risiko der Freisetzung radioaktiven Radongases, denn fast zwei Kilometer der Autobahn würden über ein wichtiges Uranvorkommen verlaufen. Dies wurde 1960 in der Ortschaft Cosquín entdeckt und nicht abgebaut, da das Risiko für die Bevölkerung als zu hoch eingeschätzt wurde. Heute stellen die Radioaktivität und die mögliche Vergiftung des Wassers für die Planer kein Risiko mehr dar. Die staatliche Atombehörde wurde bisher nicht in die Planung des Megaprojekts einbezogen.

Der geplante zweite Abschnitt der vierspurigen Autobahn mit nur 21 Kilometern soll vier Millionen argentinische Pesos kosten. Dafür könnte man 256 Familienhäuser oder 50 Schulen finanzieren. Auch beklagen die Bewohner seit Jahrzehnten den fehlenden Ausbau der Zugangswege zu ihren Vierteln, schlechte Trinkwasserqualität oder kein Trinkwasserzugang und unzureichende Dienstleistungen der Gemeinden.

Ortschaften des Punilla-Tals wie San Roque und Cosquín protestieren seit Monaten auf Straßen und Festivals und fordern - bisher erfolglos - Antworten und Erklärungen bei Behörden und Politikern ein. Gemäß der Umweltgesetze müssen Staat und Bauunternehmen die Umweltverträglichkeitsprüfung des Projekts vorlegen, bevor es an den Ausbau des zweiten Abschnitts geht. Das ist bis heute nicht geschehen, obwohl das Budget bereits veröffentlicht wurde. Die Aktivisten der Bürgerversammlungen, im Speziellen "San Roque erwacht" denken  nun über das aktive Stoppen der Bulldozer nach, auch ein Widerstandscamp ist im Gespräch. um den Beginn der zweiten Bauphase zu verhindern.