Chile / Umwelt

Erneut Algenpest und großes Fischsterben im Süden von Chile

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Die Insel Chiloé im Süden von Chile ist erneut von einer Umweltkatastrophe betroffen
Die Insel Chiloé im Süden von Chile ist erneut von einer Umweltkatastrophe betroffen

Chiloé. Die südchilenische Insel Chiloé ist erneut von einer Umweltkatastrophe betroffen. Die lokale Bevölkerung erleidet große wirtschaftliche Verluste und macht die Fischindustrie für die Katastrophe verantwortlich.

Das gleichzeitige Aufblühen zweier unterschiedlicher Mikroalgen legte wie bereits vor zwei Jahren einen Großteil der Produktion von Fisch und Meeresfrüchten lahm. Anfang Januar dieses Jahres kam es bei Konsumenten von Meeresfrüchten aus den Regionen Magallanes, Aysen und Los Lagos zu ersten Vergiftungsfällen. Die Folge waren großflächige Verbote für die Gewinnung und Verbreitung der entsprechenden Meeresfrüchte. Die Algenpest breitete sich weiter nach Norden aus und erfasste auch einen Großteil der Küsten der Insel Chiloé. Allein die industrielle Fischzucht beklagt tote Fische im Umfang von über 2.400 Tonnen. Mehr als die Fischindustrie leidet allerdings die lokale Bevölkerung darunter, die seit etwa zwei Monaten nahezu ohne Einkommen ist. Die Zahl der direkt betroffenen Fischer und Taucher wird auf 16.000 Personen geschätzt

Umstritten ist, warum die Algenpest in den letzten Jahrzehnten immer mehr zunimmt. Während von der großen Fischindustrie beauftragte Studien vor allem den Klimawandel verantwortlich machen, kommen alternative Studien zu anderen Ergebnissen: das Fischsterben hänge durchaus mit der großen Fischindustrie zusammen. Die enormen Mengen an Fischnahrungsmitteln, Exkrementen und vor allem totem Fisch, die durch sie ins Meer gelangen, würden die Ausbreitung der Mikroalgen begünstigen.

Die lokale Bevölkerung reagierte unterdessen mit verschiedenen Protestaktionen. Am 7. Februar wurde eine Fischverarbeitungsfabrik des Unternehmens Los Fiordos in Quellón blockiert, um auf die dramatische Situation der traditionellen Fischer aufmerksam zu machen. Es folgten weitere Proteste in anderen Städten der Insel. Um eine Zuspitzung der Situation wie 2016 zu vermeiden, reagierte die Regierung der damaligen Präsidentin Michelle Bachelet zu Beginn des Jahres schnell. Damals dauerten die Proteste wochenlang an, sämtliche Zufahrtsstraßen wurden blockiert und die Insel war vom Rest Chiles abgeschnitten. Daher bot Bachelet den Betroffenen jetzt sofort eine Entschädigungssumme an, allerdings nur umgerechnet 213 Euro über einen Zeitraum von drei Monaten.

Die Betroffenen verlangen dagegen eine Summe in Höhe des Mindestlohns (416 Euro). Sie weisen zudem darauf hin, dass die Zahlungen das grundsätzliche Problem nicht lösen. Forscher sagen voraus, dass die "Rote Flut" in den nächsten Jahren immer häufiger und stärker auftreten werde. Die Fischereiverbände aus der Stadt Quellón fordern deshalb alternative Arbeitsangebote in Zeiten der Algenpest und eine andere Form der Auszahlung der Kompensationen.

Bis heute hat die Mehrheit der Betroffenen keine Entschädigung erhalten. Am 8. März gingen daher erneut Taucher auf die Straße, die Hauptverbindungsstraße wurde blockiert. Am 11. März, dem Tag des Amtsantritts des konservativen Präsidenten Sebastián Piñera, erklärten einige Gewerkschaften ihre Bereitschaft erneut zu protestieren falls sich die neue Regierung nicht an die Abmachungen halte. Inzwischen ist es zu ersten Zahlungen seitens der neuen Regierung gekommen. Diese Kompensation beschränkt sich allerdings auf 721 Fischer und Taucher, weit weniger als die von den Fischereiverbänden geforderte Anzahl.