El Salvador: Strafminderung für Teodora del Carmen Vásquez

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Nach über zehn Jahren frei: Teodora del Carmen Vásquez. Unterstützergruppen fordern nun Entschädigung und die Aufhebung des Urteils
Nach über zehn Jahren frei: Teodora del Carmen Vásquez. Unterstützergruppen fordern nun Entschädigung und die Aufhebung des Urteils

San Salvador. Teodora del Carmen Vásquez ist nach mehr als zehn Jahren Gefängnis in El Salvador Ende vergangener Woche freigelassen worden. Sie war im Jahr 2007 zu 30 Jahren Haft verurteilt worden, nachdem sie eine Totgeburt erlitten hatte. Das Gericht hielt es damals für erwiesen, dass sie ihr Kind bei der Geburt getötet hat.

Menschenrechtsorganisationen wie die Bürgervereinigung für die Entkriminalisierung der Abtreibung, Amnesty International, das Zentrum für reproduktive Rechte und andere wiesen seit Jahren darauf hin, dass es im Prozess nicht gelungen sei, Vásquez eine Schuld nachzuweisen. Im Gegenteil deutete alles darauf hin, dass die Totgeburt auf eine Schwangerschaftskomplikation zurückzuführen war. Dennoch bestand das Gericht auch noch im Dezember 2017 beim Revisionsverfahren auf dem Urteil zu 30 Jahren Haft.

Vásquez hatte 2007 einen vierjährigen Sohn und arbeitete in einer Schule. Sie war bereits im neunten Monat, als sie bei der Arbeit plötzlich starke Schmerzen bekam und mehrfach den Notdienst rief, der nicht kam. Sie verlor ihr Kind in der Toilette und wurde bewusstlos, eine Kollegin fand sie. Daraufhin wurde sie von der Polizei festgenommen, da sie ihr Kind erstickt haben soll.

Die Strafminderung, die die Verfassungskammer des Obersten Gerichtshofes und das Justizministerium verfügt haben, sorgte nun für ihre Freilassung. Das Urteil ist jedoch nicht aufgehoben, sie gilt noch immer als vorbestraft. Ihr Rechtsanwalt und die sie unterstützenden Organisationen setzen sich nach wie vor für ihren Freispruch und für Wiedergutmachung ein.

Unmittelbar nach der Freilassung äußerte sich Vásquez bereits über ihre Haft. "Im Essen waren Würmer und die Polizei nannte mich Hündin", sagte sie in einem Interview. Schon bei der Verhaftung und in der Zeit danach sei sie von der Polizei beschimpft und schlecht behandelt worden. Beim Prozess im Jahr 2007 hatte sie keinen eigenen Anwalt, lediglich ein Pflichtverteidiger war anwesend, der ihren Fall elf Stunden vorher erhalten hatte und den sie nicht kannte.

Zur Zeit sind noch weitere 27 Frauen unter ähnlichen Umständen und Urteilen zwischen sechs und 35 Jahren in Haft. Die Verurteilung von Frauen, die Schwangerschaftskomplikationen erleiden und so in einem späten Stadium der Schwangerschaft ihr Kind verlieren, zu solch langen Haftstrafen steht im Zusammenhang mit dem absoluten Abtreibungsverbot: in der Verfassung El Salvadors ist seit 1998 verankert, dass menschliches Leben mit der Zeugung beginnt und unbedingt geschützt werden muss. Seitdem ist alles verboten, was der Entwicklung des Fötus schaden könnte, selbst wenn dabei das Leben oder die Gesundheit der werdenden Mutter gefährdet wird oder wenn die Schwangerschaft auf Missbrauch, Vergewaltigung oder Inzest zurückzuführen ist. Vor allem armen Frauen, die meist keine Möglichkeit zum Besuch von Schwangerschaftsvorsorge haben, wird im Fall einer Früh- oder Totgeburt sehr schnell unterstellt, den Tod des Kindes absichtlich herbeigeführt zu haben.

Der Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte hat das Land nicht nur aufgefordert, das Abtreibungsgesetz zu ändern, sondern auch alle Fälle der jetzt noch inhaftierten Frauen zu untersuchen und sie freizulassen.