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Chilenischer Ex-Guerillero in Paris festgenommen

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Wandbild in Chile zur Erinnerung an die "Operation Flug der Gerechtigkeit" der FPMR, bei der vier Gefangene befreit wurden
Wandbild in Chile zur Erinnerung an die "Operation Flug der Gerechtigkeit" der FPMR, bei der vier Gefangene befreit wurden

Paris/Santiago. Ricardo Palma Salamanca, ehemaliges Mitglied der chilenischen Guerillaorganisation Patriotische Front Manuel Rodríguez (Frente Patriótico Manuel Rodríguez, FPMR) ist am 16. Februar in Frankreich vorübergehend festgenommen worden. Nach Vorführung bei einem Haftrichter wurde er wieder freigelassen und muss sich nun täglich bei einem Kommissariat in Paris melden, wo er mittlerweile lebt. Gegen den 48-Jährigen liegt ein Auslieferungsersuchen Chiles vor. Er war 22 Jahre im Untergrund, nachdem er 1996 aus dem Hochsicherheitsgefängnis in Santiago geflohen war. Salamanca hat in Frankreich einen Asylantrag gestellt.

Die Guerillaorganisation FPMR war 1983 von der Kommunistischen Partei Chiles (PCCh) mit dem Ziel gegründet worden, die zivil-militärische Diktatur Augusto Pinochets (1973-1990) zu beenden. Sie führte zahlreiche spektakuläre Aktionen durch, darunter auch das gescheiterte Attentat auf Pinochet 1986, in dessen Folge zwölf Guerrilleros extralegal hingerichtet wurden. 1987 sagte sich die Gruppe von der PCCh los und führte auch nach dem Ende der Diktatur 1990 weiter direkte Aktionen durch. Unter anderem wurde 1991 der faschistische Politiker Jaime Guzmán, einer der wichtigsten Berater Augusto Pinochets, erschossen. Er hatte während der Militärdiktatur die noch heute gültige Verfassung mit ausgearbeitet und 1983 die rechtskonservative Partei Unabhängige Demokratische Union (Unión Democrática Independiente) gegründet. Salamanca wurde nach seiner Verhaftung 1992 wegen angeblicher Beteiligung an dem Attentat sowie weiteren Aktionen zu 22 Jahren und zwei Mal lebenslänglicher Haft verurteilt.

Die Flucht von Salamanca und drei weiteren Kämpfern des FPMR aus dem Hochsicherheitsgefängnis von Santiago gilt bis heute als eine der spektakulärsten in der Geschichte Chiles. Mitglieder der Organisation entführten einen Hubschrauber, an dem sie einen Korb befestigten, mit dem die Gefangenen aus dem Hof des Gefängnisses geflogen wurden. Neben Salamanca entkamen dabei auch die Guerrilleros Mauricio Hernández Norambuena, Patricio Ortiz Montenegro und Pablo Muñoz Hoffmann.

Die Aufarbeitung der Attentats auf Jaime Guzmán beschäftigt die chilenische Justiz auch mehr als 25 Jahre später noch. Gegen den vermeintlichen Drahtzieher, Galvarino Apablaza, der in Argentinien lebt und bisher noch politisches Asyl hat, liegt ebenfalls ein Auslieferungsgesuch vor.

Salamanca lebte während seiner Zeit im Untergrund unter falschem Namen in Mexiko, wo er als Künstler arbeitete. Nachdem im Juni 2017 Raul Escobar Poblete, ein weiteres ehemaliges FPMR-Mitglied, in Mexiko verhaftet wurde und Ermittler auch auf ihn aufmerksam geworden waren, floh er über Kuba nach Frankreich. 1998 veröffentlichte er ein Buch mit dem Titel "El gran rescate" (Die Große Befreiung), in der er über die Flucht aus dem Hochsicherheitsgefängnis schreibt, sowie 2001 einen viel beachteten autobiografischen Roman über seine Zeit bei der FPMR mit dem Titel "Una larga cola de acero" (Eine lange Rute aus Stahl).