Konfliktreicher Besuch des Papstes in Chile

Viele Besucher bei Messen, aber auch teils heftige Proteste. Festnahmen in Concepción. Nach Aufenthalt in Chile reist Papst weiter nach Peru

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Viele Menschen kamen zu den Messen des Papstes in Chile, auch wenn er nicht nur mit offenen Armen empfangen wurde
Viele Menschen kamen zu den Messen des Papstes in Chile, auch wenn er nicht nur mit offenen Armen empfangen wurde

Santiago. Der Besuch von Papst Franziskus in Chile, der erste eines katholischen Kirchenoberhaupts seit 30 Jahren, war von teils heftigen Debatten über die Rolle der katholischen Kirche in dem südamerikanischen Land und Sexualdelikte von Würdenträgern überschattet. Papst Franziskus genießt zwar große Beliebtheit unter den Mitgliedern der katholischen Kirche, gleichzeitig stellten vor allem eine Reihe von Missbrauchsskandalen innerhalb der Kirche und der Mapuche-Konflikt eine große Herausforderung dar. Auch in Chile wurden in den letzten Jahren viele Fälle sexuellen Missbrauchs innerhalb der katholischen Kirche bekannt.

Derzeit wird 80 Geistlichen vorgeworfen hunderte vorwiegend minderjährige Jugendliche vergewaltigt zu haben. Mehr als die Hälfte von ihnen wurden bisher gerichtlich verurteilt. Das große Ausmaß und die Häufung der Fälle haben dieses zum heikelsten Thema der Papstreise gemacht. In chilenischen Medien wurden sogar Listen mit Namen der Verurteilten veröffentlicht. Der Aufenthalt in Chile begann mit einem Treffen mit Präsidentin Michelle Bachelet in der Hauptstadt Santiago. Dabei entschuldigte sich Papst Franziskus für die irreparablen Schäden und das Leid, dass den Opfern zugefügt wurde. Er drückte "Schmerz und Scham angesichts dieser Ereignisse" aus und betonte die dringende Notwendigkeit, die Opfer zu unterstützen.

Die anschließende heilige Messe wurde von über 400.000 Menschen besucht. "Frieden und Gerechtigkeit" waren dabei die beiden Hauptthemen. Der Papst lobte die Widerstandsfähigkeit der Menschen in Chile und betonte die Solidarität und den raschen Wiederaufbau nach den schweren Katastrophen die das Land in den vergangenen Jahren erleiden musste. Für besonderes Aufsehen und Kritik sorgte allerdings die Präsenz des Bischofs Juan Barros, dem derzeit die Vertuschung von Missbrauchsfällen vorgeworfen wird.

Auch wenn an den öffentlichen Auftritten des Papstes viele Menschen teilnahmen, gab es auch diverse Proteste gegen den Besuch. Neben den Missbrauchsskandalen der Kirche werden die hohen Kosten der Reise kritisiert, die bei umgerechnet knapp 15 Millionen Euro liegen und somit höher sind als alle bisher in Chile durchgeführten staatlichen Gipfelkonferenzen. Aus diesen und anderen Gründen (amerika21 berichtetekam es zu mehreren Protesten und zahlreichen Festnahmen. Allein bei einer Demonstration in Concepción wurden mindestens 30 Personen festgenommen. Ihr Protest richtete sich vor allem gegen die chilenische Regierung, die ihrer Meinung nach ein falsches Bild der Realitäten in Chile im Zuge des Papstbesuchs vermittelte.

Beim Besuch in Temuco, der Hauptstadt der Araucanía-Region, mussten die Sicherheitsvorkehrungen erhöht werden. In der Region gibt es seit langem einen ungelösten historischen Konflikt zwischen der indigenen Mapuche-Bevölkerung und dem chilenischen Staat. Beide Parteien versprachen sich hierbei eine vermittelnde Rolle von Papst Franziskus. Vor der Ankunft des Papstes kam es in Araucanía jedoch zu heftigen Auseinandersetzungen sowie einer Reihe von Brandanschlägen auf Kirchen und katholische Einrichtungen. Zudem wurden drei Helikopter zur Bekämpfung von Waldbränden zerstört. Laut Polizei wurde ein Bekennerschreiben der Gruppe Coordinadora Arauco Malleco (CAM) gefunden, die sich für die Unabhängigkeit der Mapuche-Gebiete im Süden Chiles einsetzt.

Die heilige Messe auf dem ehemaligen Flughafen von Temuco Aeródromo Manquehue mit 150.000 Teilnehmenden verlief allerdings friedlich und beinhaltete eine Reihe von symbolischen Gesten der gegenseitigen Anerkennung zwischen dem Papst und teilnehmenden Repräsentanten der Mapuche-Gemeinschaft. Papst Franziskus sprach sich für die Forderungen der Mapuche aus und rieft außerdem zur Einigkeit, Versöhnung und gegenseitigen Anerkennung auf. Er betonte auch die Notwendigkeit einer gewaltfreien Lösung: "Anerkennung kann nicht erlangt werden, indem man den anderen vernichtet." Er verurteilte gleichzeitig auch die staatliche Gewalt, sogar in ihrer symbolischen Form der leeren Versprechen und Abmachungen. Außerdem gedachte er der Opfer der chilenischen Diktatur (1973-1990) und verurteilte die Menschenrechtsverletzungen die am selben Ort unter Augusto Pinochet verübt worden waren. Damals galt der ehemalige Flughafen als eines der größten Gefängnisse und Folterzentren für Oppositionelle.