Schweiz und Österreich wollen Bau von Eisenbahnlinie durch Bolivien unterstützen

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Evo Morales (links) am Donnerstag mit der Schweizer Bundespräsidentin Doris Leuthard
Evo Morales (links) am Donnerstag mit der Schweizer Bundespräsidentin Doris Leuthard

Bern/Graz. Anlässlich eines Arbeitsbesuchs von Boliviens Präsident Evo Morales in der Schweiz haben die beiden Staaten eine Absichtserklärung zur Zusammenarbeit für ein transkontinentales Eisenbahnprojekt in Südamerika unterzeichnet. Der "Ozean-Zug" soll die Atlantik- mit der Pazifikküste des Subkontinents verbinden. Auch in Österreich hat Morales eine Kooperation mit der Technischen Universität Graz abgeschlossen.

Die geplante Eisenbahnstrecke mit dem offiziellen Namen Biozeanischer Integrations-Eisenbahnkorridor (Corredor Ferroviario Bioceánico de Integración, CFBI) soll über mehr als 3.750 Kilometer durch drei Länder führen. Rund 1.500 Kilometer werden sich auf brasilianischem, 350 Kilometer auf peruanischem Territorium befinden. Dazwischen soll der Zug auf fast 1.900 durch Bolivien führen. Für die beteiligten Staaten hat das Projekt eine große volkswirtschaftliche Bedeutung.

Bolivien, das über keinen Meereszugang verfügt, erhielte damit eine Verbindung zu wichtigen Häfen am Atlantik und Pazifik. Für Brasilien bietet sich die Möglichkeit, bei Exporten und Importen vor allem in den asiatisch-pazifischen Raum Transportkosten einzusparen, da Produkte nicht mehr den Umweg durch den Panamakanal oder um das südliche Kap Hoorn nehmen müssten. Auch Paraguay soll potentiell durch eine Nebenstrecke an das neue Bahnnetz angeschlossen werden. Im vergangenen Juli sprach das südamerikanische Wirtschafsbündnis Mercosur formell seine Unterstützung für das Projekt aus.

Unter diesen Vorzeichen warb Morales in der Schweiz für Investitionen und technische Zusammenarbeit für das Projekt. Bolivien wolle "das Wissen, die Erfahrung und die technische Expertise", die in Europa im Eisenbahnbau vorhanden seien, für den Ozean-Zug gewinnen, so Morales. Der bolivianische Präsident wurde in Bern von der Schweizer Bundespräsidentin Doris Leuthard empfangen und wohnte der Unterzeichnung einer Absichtserklärung bei. Über ein Dutzend Unternehmen aus der Schweiz, aber auch aus Deutschland wollen sich am Bau der Bahnlinie beteiligen, deren Kosten auf rund zehn Milliarden US-Dollar geschätzt werden. Die Arbeiten sollen im nächsten Jahr beginnen und 2025 zum zweihundertjährigen Jubiläum der bolivianischen Unabhängigkeit abgeschlossen sein.

Laut einer Mitteilung des schweizerischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation, dem Leuthard vorsteht, behandelten die beiden Staatschefs auch eine Reihe weiterer Themen, darunter die bilateralen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen, Fragen der Rechtsstaatlichkeit sowie das staatliche Entwicklungszusammenarbeitsprogramm der Schweiz in Bolivien. Die Bundespräsidentin würdigte dabei explizit die Erfolge der bolivianischen Regierung bei der Armutsbekämpfung.

Zuvor war Morales bereits in Österreich, um auch dort eine Kooperation abzuschließen, die dem Bau des neuen Eisenbahnkorridors zugutekommen soll. In Graz wurde eine bahnspezifische Ausbilung für boliviansche Ingenieurinnen und Ingenieure vereinbart. Die Zusammenarbeit zwischen der Technischen Universität Graz und der Universidad Mayor de San Simón in Cochabamba soll in Zukunft gestärkt werden. So werden ab kommendem Sommer rund 20 bolivianische angehende Ingenieurinnen und Ingenieure an einem Postgraduate-Programm der TU Graz teilnehmen.

Morales traf bei seinem Besuch in Graz auch mit dem österreichischen Alt-Bundespräsidenten Heinz Fischer zusammen. Dieser bezeichnete Morales als "wirklich guten Freund Österreichs." Sie hätten sich bisher schon oft gesehen und sich dabei "auch menschlich angefreundet".