Ein Jahr nach dem Friedensvertrag in Kolumbien herrscht Ernüchterung

Lediglich sieben der insgesamt 27 Gesetzesentwürfe wurden verabschiedet. Farc-Partei besteht auf vollständige Umsetzung des Friedensabkommens

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Senat in Kolumbien: Hier wurde das Friedensabkommen mit den Farc kaum durchgesetzt
Senat in Kolumbien: Hier wurde das Friedensabkommen mit den Farc kaum durchgesetzt

Bogotá. Nach einem Jahr sind in der vergangenen Woche Sonderregelungen ausgelaufen, mit deren Hilfe der Friedensvertrag zwischen der früheren Farc-Guerilla und der Regierung in Kolumbien umgesetzt werden sollten. Die letzten Tage waren von wichtigen Entscheidungen bezüglich der Sonderjustiz für den Frieden (Jep), dem Gesetz zur Reform des politischen Systems und der Errichtung der Sonderwahlkreise für den Frieden geprägt. Lediglich im Falle der Sonderjustiz konnte eine Einigung erzielt werden, die jedoch auf bereite öffentliche Kritik stieß.

Am vergangenen Donnerstag einigte sich der Vermittlungsausschuss zwischen Repräsentantenhaus und Senat auf einen gemeinsamen Text der Sonderjustiz für den Frieden. Zwei große Kritikpunkte bleiben jedoch bestehen. So ist die Teilnahme von Zivilisten, beispielsweise Finanziers paramilitärischer Gruppen, an der Sonderjustiz freiwillig. Zudem besteht weiterhin Unklarheit über die Auswahl der Richter. Hier soll das kolumbianische Verfassungsgericht das letzte Wort behalten.

Das Gesetz der politischen Reform scheiterte bei der Abstimmung im Senat und wurde zu den Akten gelegt. Eine Zukunft hat das Reformpaket somit nicht mehr. Bereits im Vorfeld war prognostiziert worden, dass die Gesetzesinitiative, die zur Öffnung des verkrusteten politischen Systems führen sollte, keine Mehrheit finden würde. Auch das Gesetz zur Gründung der Sonderwahlkreise für den Frieden scheiterte knapp. Das Vorhaben sollte Regionen, die besonders von der Gewalt betroffen waren, eine politische Partizipation im Repräsentantenhaus ermöglichen. Bis zuletzt hatte es Hoffnungen gegeben, dass der Vermittlungsausschuss sich auf einen gemeinsamen Gesetzestext einigen könne.

Am Freitag kritisierte Iván Márquez, Mitglied der Führung der Farc-Partei (Alternative Revolutionäre Kraft des Volkes), das Parlament scharf, da es den Friedensvertrag nach seinen Vorstellungen anpasse. Die Implementierung habe nichts mit dem in Havanna geschlossenen Vertrag zu tun und die Farc bestünde darauf, dass das Vereinbarte umgesetzt werde. Jesús Santrich, ebenfalls Mitglied des Führungskreises, betone, dass trotz des Endes des Fast-Track-Mechanismus Wege gefunden werden müssten, um das Friedensabkommern über den normalen Prozess der Gesetzgebung umzusetzen.

In der Bilanz ein Jahr nach Inkrafttreten des Abkommens kann kaum von einer erfolgreichen Implementierung gesprochen werden. Lediglich sieben der insgesamt 27 Gesetzesentwürfe wurden verabschiedet. In vielen Themengebieten kam es noch nicht einmal zu einem Gesetzesentwurf. Auch wenn die Regierung weiter an dem Plan festhält, die im Friedensvertrag vereinbarten Punkte umzusetzen, ist ein Erfolg zu bezweifeln. Die Präsidentschaftswahlen stehen kurz bevor und viele der Parteien sind mehr mit populistischem Wahlkampf als mit dem Friedensprozess beschäftigt. Insbesondere die Konservative Partei und die Partei Radikaler Wandel (Cambio Radical, CR), haben sich in den letzten Monaten vermehrt gegen die Initiativen der Regierung von Präsident Juan Manuel Santos gestellt. Daher drängt sich die Frage auf, wie es möglich sein soll, dass die ausstehenden Punkte über das normale Gesetzgebungsverfahren umgesetzt werden sollen, wenn dies schon nicht über den Fast-Track-Mechanisms gelungen ist.