Präsidentschaftskandidat Petro in Kolumbien beklagt Verfolgung

Zeugen enthüllen Pläne über geplante Festnahme von linkem Oppositionspolitiker. Rechter Kandidat soll dafür Kontrollbehörde missbraucht haben

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Gustavo Petro (unten rechts) hier bei einem Besuch im Departamento Valle in Kolumbien
Gustavo Petro (unten rechts) hier bei einem Besuch im Departamento Valle in Kolumbien

Bogotá. In Kolumbien soll der Präsidentschaftskandidat der rechtsgerichteten Partei "Cambio Radical", Germán Vargas, den Generalstaatsanwalt des Landes aufgefordert haben, seinen linken Konkurrenten Gustavo Petro in Untersuchungshaft zu nehmen. Es gehe offenbar darum, ihn im Wahlkampf zu sabotieren, beklagte Petro in einem Interview. Der 57-Jährige ist einer der Favoriten für die Präsidentschaft. Vargas hingegen ist zuletzt in den Umfragen gefallen. Als Ex-Vizepräsident der Regierung Santos hat er den Friedensprozess mit der Farc-Guerilla unterstützt. Vor einigen Wochen jedoch hat er sich zum Gegner des Friedensvertrags erklärt. Seiner Partei sind in der Vergangenheit Verbindungen zum Paramilitarismus nachgesagt worden.

Die Enthüllungen von Petro sollen sich auf direkte Quellen bei der Staatsanwaltschaft stützen. Funktionäre dort hätten gehört, wie Generalstaatsanwalt Humberto Martínez von der Forderung Vargas’ berichtete, eine Möglichkeit zu schaffen, um Petro ins Gefängnis zu bringen. Der linke Präsidentschaftskandidat und ehemalige Bürgermeister Bogotás erklärte gegenüber der Presse, er sehe keine Chancen auf eine unparteiische Ermittlung. Daher wendete er sich an die Medien.

Die Untersuchungshaft gegen ihn sollte laut Petros eigenen Angaben im Zusammenhang mit einer Ermittlung wegen finanzieller Schädigung der Stadt Bogotá verhängt werden. Die Untersuchung hat die Staatsanwaltschaft aufgrund einer Anschuldigung des Rechnungshofs von Bogotá gestartet. Dieser wirft Petro vor, im Jahr 2014 als Bürgermeister zu hohe Summen städtischer Gelder für den Rückkauf von 32 Prozent des Erdgastransportunternehmens TGI durch das Energieunternehmen von Bogotá (EEB) verwendet zu haben. Der Leiter des Rechnungshofs von Bogotá, Juan Carlos Granados, verurteilte Petro deshalb zu einer Geldstrafe von mehr als 800 Milliarden Pesos (rund 230 Millionen Euro).

Wirtschaftsanalysen zeigen allerdings, dass der Rückkauf des TGI, dessen Hauptaktionär die EEB selbst war, ein erfolgreiches Geschäft für die Stadt bedeutete. So hat sich der Aktienpreis der EEB um 30 Prozent erhöht. Ebenso ist der Betriebsgewinn von 608 Milliarden Pesos im Jahr 2013 auf eine Billion Pesos (von circa 173 Millionen auf 285 Millionen Euro) gestiegen. Es gäbe, so das Onlinemedium La Silla Vacía, keine solide Basis für die Vorwürfe des Rechnungshofs.

Nicht nur wegen des Rückkaufs von TGI hat Granados gegen den Ex-Bürgermeister von Bogotá Geldstrafen verhängt. Die Summe der insgesamt vier bisher ausgesprochenen Geldstrafen beläuft sich auf eine Billion Pesos. Alle Konten des künftigen Präsidentschaftskandidaten wurden infolgedessen gepfändet. Einer der Fälle bezieht sich auf die Entscheidung von Petro, den Fahrkartenpreis für die Busse des öffentlichen Stadtverkehrssystems "Transmilenio" zu senken. Die Preissenkung hätte laut Granados zu einem Vermögensschaden der Stadt geführt.

Petro klagte, dass so hohe Sanktionen gegen keinen anderen Politiker in der Geschichte Kolumbiens verhängt worden sind. Er beschuldigte Granados und Generalstaatsanwalt Martínez, "die politische Polizei" des künftigen Präsidentschaftskandidaten Vargas zu sein. Beide sind Parteifreunde des Ex-Vizepräsidenten und sollen ihre hohen Posten dank seiner Unterstützung bekommen haben.

Inzwischen hat ein Verwaltungsgericht die Sanktion wegen der Preissenkung der Fahrkarten in Bogotá vorübergehend ausgesetzt. Auch die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte hat letzte Woche Kolumbien aufgefordert, eine ältere Strafe des ehemaligen Staatsanwalts für Verwaltungsrecht, Alejandro Ordóñez, gegen Petro endgültig aufzuheben. Ordóñez hatte Petro im Jahr 2013 mit einem 15-jährigen Verbot belegt, für ein öffentliches Amt anzutreten.

Die Sanktionswelle gegen Petro findet zeitgleich zu einem großen Korruptionsskandal in der kolumbianischen Justiz statt. Aussagen von korrupten kolumbianischen Politikern in den USA haben ein Verkaufssystem von Straflosigkeit innerhalb der Staatsanwaltschaft und des Obersten Gerichtshofs enthüllt. Petro und Politiker der Grünen Partei beschuldigen Generalstaatsanwalt Martínez, Teil dieses System zu sein.

Die Parlamentswahlen finden im März und die Präsidentschaftswahlen im Mai kommenden Jahres statt. Im Dezember dürfen die künftigen Präsidentschaftsanwärter ihre Kandidatur bei der Wahlbehörde anmelden, wenn sie von einer Partei oder mindestens 350.000 Unterzeichnern unterstützt werden.