EU wird erstmals Sanktionen gegen Venezuela beschließen

Maßnahmen betreffen Rüstungsgüter für staatliche Sicherheitskräfte. USA verkünden Sanktionen gegen weitere Funktionäre, auch Mitglieder des Wahlrates

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Demonstration in Venezuela: Seit April kamen rund 130 Menschen zu Tode
Demonstration in Venezuela: Seit April kamen rund 130 Menschen zu Tode

Brüssel/Caracas. Nach mehrmonatigen Diskussionen wird die Europäische Union an diesem Montag erstmals Sanktionen gegen die sozialistische Regierung in Venezuela erlassen und den Druck auf Präsident Nicolás Maduro damit erhöhen. Mit den zunächst auf ein Jahr angelegten Strafmaßnahmen will die EU die venezolanische Regierung nach eigenen Angaben zu Verhandlungen mit der Opposition bewegen. Kurz vor der Entscheidung Brüssels hat die US-Regierung weitere Amtsträger aus dem südamerikanischen Land auf eine eigene schwarze Liste gesetzt, darunter auch Mitglieder der Wahlbehörde CNE.

Die EU-Mitgliedsstaaten hatten am vergangenen Mittwoch grünes Licht für eine Sanktionsliste gegeben, die von den Außenministern der 28 Mitgliedsstaaten am Montag beschlossen werden soll. Vorausgegangen waren lange Diskussionen in den Fachgremien des Europarates. Vor allem die konservative Regierung von Spanien hatte auf einen schärferen Kurs gegen die Regierung Maduro gedrängt. Griechenland und Portugal hielten bis zuletzt dagegen, konnten sich aber nicht durchsetzen.

Kern der EU-Sanktionen ist ein Rüstungsgüter-Embargo gegen Venezuela. Unterbunden wird damit die Ausfuhr von Waffen und Ausrüstung für Polizei und Armee. Der Maßnahmenkatalog bietet auch die Möglichkeit, Funktionäre aus Regierung und Verwaltung die Einreise zu verweigern oder anderweitig zu sanktionieren. Zunächst, so hieß es aus Brüssel, soll eine entsprechende Liste aber leer bleiben.

Mit den Strafmaßnahmen greift die EU erstmals – wenn auch noch zurückhaltend – in den innervenezolanischen Machtkampf zwischen der chavistischen Regierung und der Opposition ein. Die Regierungsgegner sind in dem fragilen Bündnis Tisch der demokratischen Einheit (MUD) zusammengeschlossen, dessen Mitglieder von Sozialdemokraten bis hin zu rechtsgerichteten, populistischen Kräften reichen. Die MUD-Allianz wirft der Regierung Maduro vor, massiv in den demokratischen Entscheidungsprozess einzugreifen und Wahlen manipuliert zu haben. Zumindest die Vorwürfe von Wahlfälschung konnten bislang aber weder in Bezug auf die Wahl einer umstrittenen verfassunggebenden Versammlung noch in Bezug auf die Regionalwahlen Mitte Oktober belegt werden; Wahlbeobachter aus der Region haben die Ergebnisse bestätigt.

Die MUD-Parteien und verbündete Kräfte hatten seit April zu massiven Protesten mobilisiert. Bei Gewaltaktionen und Zusammenstößen zwischen staatlichen Kräften und teilweise paramilitärisch organisierten Demonstranten kamen bis zu 130 Menschen ums Leben. Die Sanktionen der EU könnten das Kräfteverhältnis zwischen den bewaffneten Kräften beider Seiten zugunsten der Regierungsgegner beeinflussen. Allerdings unterhält die Maduro-Regierung gute Kontakte zu Russland sowie China und könnte die Rüstungsgüter auch von dortigen Anbietern beziehen.

Unklar ist bislang, wie sich die Maßnahmen der EU auf das Verhältnis Venezuelas zu Brüssel auswirken. Der ehemalige spanische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero hatte in den vergangenen Monaten auch im Namen der EU versucht, zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln, bisher allerdings mit mäßigem Erfolg.

Die US-Regierung hat indes gegen zehn weitere Funktionäre aus Venezuela Sanktionen verhängt, darunter Einreisesperren. Schon Ende Juli, nach der Ansetzung von Wahlen für die verfassunggebende Versammlung in Venezuela hatte Washington Strafmaßnahmen gegen Funktionsträger erlassen, darunter auch gegen Präsident Maduro selbst. Unter den nun hinzugefügten Namen finden sich zwei Rektorinnen der Wahlbehörde CNE, Sandra Oblitas Ruzza und Socorro Elizabeth Hernández de Hernández, sowie ein vertretender CNE-Rektor, Carlos Enrique Quintero Cuevas. Ihnen werden, so schreibt die US-Tagezeitung New York Times, "schmutzige Tricks" bei den Regionalwahlen am 15. Oktober vorgeworfen.

Während aus Venezuela eine Reaktion auf die EU-Maßnahmen zunächst ausblieb, äußerte sich der Botschafter des südamerikanischen Landes in Spanien, Mario Isea: Brüssel solle davon absehen, gegen völkerrechtliche Bestimmungen zu verstoßen, sagte der Diplomat. Sollten die Maßnahmen am Montag verabschiedet werden, würde dies belegen, dass die EU sich den USA in den außenpolitischen Belangen unterordnet.