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Die meiste Hilfe nach dem Erdbeben in Mexiko kam von Freiwilligen

Anwohner und Betroffene retteten unmittelbar Verschüttete. Konflikte mit staatlichen Kräften. Spenden weiterhin notwendig

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Polizei und Armee kamen erst nicht, dann drängten sie die  freiwilligen Helfer zurück
Polizei und Armee kamen erst nicht, dann drängten sie die freiwilligen Helfer zurück

Mexiko-Stadt. In Mexiko gehen nach dem verheerenden Erdbeben vom Dienstag die Rettungs- und Bergungsarbeiten unvermindert weiter. Führend beteiligt dabei sind freiwillige Hilfstrupps, die sich aus Anwohnern und Nachbarn rekrutieren. Die Naturkatastrophe hat damit einmal mehr das Versagen des neoliberalen Staates deutlich gemacht, der sich in vielen Bereichen aus seiner Verantwortung zurückgezogen hat.

Das Beben der Stärke 7,1 auf der Richterskala ereignete sich auf den Tag genau 32 Jahre nach dem bisher heftigsten Erdbeben in der modernen mexikanischen Geschichte vom 19. September 1985. Damals waren mehr als 10.000 Menschen gestorben.

Jährlich wird seither am 19. September eine landesweite Katastrophenübung für den Fall eines Erdbebens der Stärke 8 durchgeführt. Dieses Mal fand die Übung um elf Uhr vormittags statt. Gut zwei Stunden später, um 13:14 Uhr, bebte die Erde tatsächlich. Das Epizentrum lag in der Nähe von Axochipan im Bundesstaat Morelos, rund 120 Kilometer von Mexiko-Stadt entfernt.

Die Erschütterungen verursachten vor allem in der Hauptstadt großen Schaden. Registriert wurden bisher 39 eingestürzte Gebäuden. Weitere Bauwerke sind einsturzgefährdet oder beschädigt, auch die Infrastruktur ist heftig in Mitleidenschaft gezogen.

Für Schlagzeilen sorgte der teilweise Einsturz einer Grundschule und Kindertagesstätte in der Hauptstadt, bei dem bisher 25 Menschen ums Leben gekommen sind, größtenteils Kinder. Vor dem Gebäude spielten sich teils dramatische Szenen ab.

Nach offiziellen Angaben sind 73 Menschen im Bundesstaat Morelos, 43 im Bundesstaat Puebla, 13 im Bundesstaat Mexiko und fünf im Bundesstaat Guerrero umgekommen, dort sind zudem hunderte Verletzte und Wohnungslose zu beklagen. In Puebla sind gut 1.700 Gebäude schwer beschädigt, während es in Morelos gut 20.000 Gebäude sein sollen. Insgesamt liegt die Zahl der Toten bei rund 250 Personenbislang 108 davon in Mexiko-Stadt. Die Zahl der Vermissten ist unklar. Der gesamte Schaden ist noch nicht zu erfassen, da es auch Gebiete gibt, die noch nicht erreicht worden sind, so etwa im Bundesstaat Morelos.

Anders als bei dem Erdbeben mit einer Stärke von 8,1 auf der Richterskala vor zwei Wochen, das sich an der Küste der Bundesstaaten Oaxaca und Chiapas ereignete und 90 Menschen das Leben kostete, wurden die jüngsten Erdstöße im mexikanischen Binnenland verzeichnet, wo sie durch die dort ungünstigen Bodenverhältnisse mehr Zerstörung provozierte.

Die Suche nach Überlebenden begann bereits kurz nach dem Erdbeben, angestoßen durch Freiwillige, Nachbarn oder Menschen aus der weiteren Umgebung. Die Anwohner organisierten sich auch über soziale Netzwerke, um an die Unglücksorte zu gelangen und herauszufinden, welche Güter wo benötigt werden. Die Menschen arbeiteten bis in die Nacht hinein, um nach Überlebenden zu suchen oder die Bergungsarbeiten zu unterstützen. Die offiziellen Rettungs- und Hilfskräfte wie Marine,  Armee, Polizei und der Zivilschutz kamen erst mehrere Stunden nach dem Erdbeben zur Hilfe. Inzwischen sind um die 3.600 Soldaten im Einsatz. Es wurde der Katastrophenschutzplan PlanMX ausgerufen, der in solchen Notfällen interinstitutionelle Arbeit ermöglichen soll.

Auch am Mittwoch organisierten Menschen sich in Freiwilligenbrigaden, schufen Unterkünfte, Versorgungszentren, identifizierten stark beschädigte Gebäude, Menschen, die gerettet werden sollen, vermisste Menschen und Betroffene in Krankenhäusern, die von Angehörigen gesucht wurden. All dies geschah auf Initiative der Zivilgesellschaft. Die Hilfsbereitschaft war derart groß, dass Freiwillige von einigen Orten weggeschickt wurden, weil dort keine Hilfe mehr notwenig war, und sich neue Orte suchten. In den letzten zwei Tagen wurden durch dieses Engagement Dutzende von Menschen, darunter auch Kinder aus der eingestürzten Schule, lebend geborgen.

Regierungsvertreter verkündeten inzwischen den Beginn der Wiederaufbauarbeiten, offenbar auch, weil dies mit lukrativen Geschäften verbunden ist. Hilfsangebote wie etwa der Schweiz, um Schäden professionell zu erfassen, wurden von der mexikanischen Regierung zunächst zwar abgelehnt, dann aber doch angenommen. Internationale Hilfe aus Chile, Honduras und Israel ist inzwischen auf dem Weg. Schließlich sind Regierungskräfte weiter in die Zonen der Bergungsarbeiten vorgerückt und haben Freiwillige von dort verdrängt, ohne hinreichend über die Situation zu informieren, wie Anwohner beklagten.

Anmerkung der Redaktion

Die Bergungs- und Wiederaufbauarbeiten in Mexiko-Stadt, Morelos, Puebla, Chiapas und Oaxaca gehen weiter und brauchen Hilfe. Wenn Sie mit einer Spende zur Hilfe beitragen möchten, empfehlen wir diese unter dem Stichwort "Mexiko Nothilfe" an die Organisation Medico International mit Sitz in Frankfurt zu entrichten. Bei der Organisation finden sie auch aktuelle Berichte über den Stand der Hilfsarbeiten.