Ecuador / Menschenrechte

Ecuador verzeichnet seit Jahresbeginn 112 Frauenmorde

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Die Studie verzeichnet alleine 2017 über 100 Feminizide in Ecuador
Die Studie verzeichnet alleine 2017 über 100 Feminizide in Ecuador

Quito. In Ecuador wurden zwischen dem 1. Januar und dem 7. September 2017 bereits insgesamt 112 Frauen gewaltsam ermordet, so eine Studie, die das Kollektiv Geografía Crítica zu Gewalt gegen Frauen in Ecuador herausgegeben hat.

Laut dieser Untersuchung wurde in der andinen Provinz Pichincha, in der auch die Hauptstadt Quito liegt, mit 24 gewaltsamen Ermordungen von Frauen die höchste Anzahl an Feminiziden, also geschlechtsspezifischen Tötungsdelikten gegen Frauen, in dem Zeitraum von insgesamt 250 Tagen registriert. Darauf folgt mit 22 Frauenmorden die Provinz Guayas, in welcher sich Guayaquil, die am bevölkerungsreichste Stadt Ecuadors, befindet. An dritter Stelle liegen die Provinzen Azuay, Los Ríos und Manabí mit jeweils zehn registrierten Fällen.

Die Gruppe Geografía Crítica erstellt monatlich mit Unterstützung der Fundación Aldea und dem Red Nacional de Casas de Acogida ("Nationales Netzwerk von Aufnahmehäusern") Statistiken und weist damit darauf in, dass in Ecuador alle 53 Stunden eine Frau aufgrund von genderspezifischer Gewalt zu Tode kommt.

In Ecuador wurde der Feminizid erstmals 2014 als Straftatbestand in das nationale Strafgesetzbuch (Código Orgánico Integral Penal) aufgenommen und darin als "extreme Form der genderspezifischen Gewalt" klassifiziert. Feminizid wird als Mord an einer Frau aufgrund ihres weiblichen Geschlechts definiert. 

Geografía Crítica kritisiert jedoch, dass der Staat nur jene Fälle registriert, die vor Gericht gebracht werden. Das führe zu einer hohen Dunkelziffer. "Es ist wichtig, die Merkmale eines Feminizides aufzuzeigen, um so alle Fälle ans Licht zu bringen", schreibt das Kollektiv in der Studie. "Die Fälle, die wir registriert haben, sind nicht notwendigerweise vor einem Gericht aktenkundig. Einige Informationen werden kurz nach der Tat erhoben, weit vor den gerichtlichen Untersuchungen". Die Daten der Studie werden laut Angaben des Kollektivs jeden Monat aktualisiert und erst nach endgültiger Bestätigung mit aufgenommen.

Diesbezüglich hat auch Maria Noel Vaeza, Direktorin der Programmabteilung bei UN-Women, bei einem Besuch in Ecuador Mitte August angemerkt, dass sich die Zahlen zu Feminiziden von Frauenrechtsorganisationen erheblich von den offiziellen Zahlen der ecuadorianischen Polizei und des Gerichtssystems unterscheiden. So hätte zum Beispiel die Coalición Nacional de Mujeres bis Mitte August 2017 bereits 103 Fälle von Feminiziden verzeichnet, wohingegen nach offiziellen Angaben zwar von 132 gewaltsamen Todesfällen von Frauen die Sprache war, davon aber lediglich 77 beziehungsweise 78 als Feminizid kategorisiert wurden.

Laut Vaeza sei zudem ein alarmierender Anstieg der Anzahl von Feminiziden nicht nur in Ecuador, sondern auch in anderen Teilen Lateinamerikas und dem Rest der Welt zu vermerken.

Das Kollektiv Geografía Crítica ist sich mit anderen Frauenrechtsorganisationen einig, dass Feminizide vor allem in systematisch gewaltsamen Kontexten entstehen, in denen neben den Tätern auch die Gesellschaft sowie die Staaten Verantwortung tragen.