Venezuela: Präsident stellt neue wirtschaftliche Maßnahmen vor

Maduro legt dem Verfassungskonvent acht Gesetze zur Lösung der Wirtschaftskrise vor. Regierung will Abhängigkeit vom US-Dollar verringern

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Venezuelas Präsident Maduro legte der verfassunggebenden Versammlung acht Gesetzesprojekte für die Wirtschaft
Venezuelas Präsident Maduro legte der verfassunggebenden Versammlung acht Gesetzesprojekte für die Wirtschaft

Caracas. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro hat vor der verfassunggebenden Versammlung seine wirtschaftspolitischen Schwerpunkte vorgestellt, mit denen er die Krise in dem südamerikanischen Land bekämpfen will. Dazu hat er der Versammlung insgesamt acht Gesetze zur Diskussion unterbreitet.

Mit dem "Gesetz über die staatliche Versorgung und regulierte Preise" will Maduro ein neues System für die Festlegung von Höchstpreisen im Einzelhandel für 50 Produkte und Dienstleistung schaffen, die für das Land von wesentlicher Bedeutung sind. Zudem erhalten die Lokalen Komitees für Versorgung und Produktion (Clap) neue Befugnisse. Die Basisorganisationen sollen künftig gemeinsam mit staatlichen Behörden die Einhaltung der Preisvorschriften kontrollieren. Dafür können sie sogenannte "Volksstaatsanwälte" einsetzen, die in Begleitung eines regulären Staatsanwalts und eines Ombudsmanns Sanktionen gegen Händler ergreifen können, sie sich nicht an die Vorschriften halten.

Ein neues "Wechselstubengesetz" soll den Einfluss illegaler Geldwechsler eindämmen. Im Fokus steht dabei vor allem die US-amerikanische Webseite "Dólar Today", die täglich einen Wechselkurs des venezolanischen Bolívar zum US-Dollar publiziert, der auf dem Schwarzmarkt in Venezuela als Referenz gilt. Auch in der kolumbianischen Grenzstadt Cúcuta floriert der Währungshandel in illegalen Wechselstuben. Mit dem neuen Gesetz sollen in verschiedenen Regionen Venezuelas Wechselstuben unter Leitung und Regulierung der Zentralbank (BCV) eröffnet werden, die Bolívares zu den offiziellen Kursen tauschen.

Zwei weitere Gesetze befassen sich mit dem Schutz ausländischer Direktinvestitionen. Sie sollen einerseits allgemein die Konditionen für ausländische Anleger verbessern. Andererseits werden Firmen, die in den Bergbau im strategischen Abbaugebiet im Orinoco-Bogen (Arco Minero del Orinico) investieren, steuerlich begünstigt. In dem rund 112.000 Quadratkilometer großen Gebiet will Venezuelas Regierung verstärkt Gold, Coltan, Eisen, Bauxit und Diamanten abbauen. Laut Maduro soll damit die Abhängigkeit vom Erdölexport gemindert werden. Umweltschutzgruppen und einige indigene Verbände hatten die Bergbaupläne zuletzt harsch kritisiert.

Weitere vorgeschlagene Wirtschaftsmaßnamen betreffen eine Steuer auf große Vermögen, die vom "Wirtschaftskrieg", vor allem von der künstlichen Verknappung von Gütern, profitiert haben, sowie einen Strafsteuersatz, mit dem Akteure belegt werden können, die Gesetze verletzen.

Schließlich will der Präsident mit "Agrosur" ein neues staatliches Konsortium schaffen, das die nationale Koordinierung der Produktion von 20 Grundnahrungsmitteln übernimmt und sich um die Produktionsmittel, Beratung, Maschinen und den gesamten Produktionsprozess der betreffenden Güter in der Landwirtschaft kümmert.

Die Vorstöße Maduros trafen auch auf Kritik. Mehrere venezolanische Ökonomen äußerten sich in der oppositionsnahen Tageszeitung El Nacional ablehnend zu den Gesetzesentwürfen. So sagte die Wirtschaftswissenschaftlerin Sary Levy, bisher hätten Preiskontrollen immer nur die Folge gehabt, dass Produkte aus den Regalen verschwunden seien, nicht aber reale Preissenkungen. Der Ökonom Luis Oliveros sprach davon, die Maßnahmen würden die Inflation und die Güterknappheit weiter anheizen.

Indes hat Präsident Maduro auch angekündigt, die bisher bestehenden Einlagen in US-Dollar zur Unterstützung der Landeswährung Bolívar zugunsten anderer frei konvertierbarer Währungen aufzulösen. Das Wechselkurssystem Dicom, über das Venezolaner an Devisen gelangen, befinde sich in einer Übergangsphase, sagte der für Wirtschaftsfragen zuständige Vizepräsident Ramón Lobo. Man setze derzeit verschiedene Neuerungen durch, um die Wechselkursgeschäfte in Alternativwährungen zum US-Dollar umzusetzen, so Lobo weiter. Diese Reaktion auf finanzpolitische Sanktionen der USA würde zugleich die Beziehungen mit "alliierten Staaten" stärken, so der Vizepräsident, der den chinesischen Yuan, die indische Rupie, den russischen Rubel und den japanischen Jen als Beispiele für Alternativen zum US-Dollar nannte.

Zuvor schon hatte Staatschef Maduro bekannt gegeben: "Ich habe beschlossen, Erdöl, Erdgas und Gold in Rubel, Rupien, Yuan zu verkaufen, nicht aber in US-Dollar". Es gehe darum, "mithilfe konvertierbarer Währungen fernab des US-Dollars eine neue Etappe des Außenhandels zu beginnen". Venezuela sei dazu bereit, den ersten Handelsvertrag zum Verkauf von Erdöl an China in chinesischen Yuan zu unterzeichnen. Die Entscheidung, so kommentierte das Onlineportal aporrea.org, werde einen erheblichen Einfluss auf die venezolanische Wirtschaft und das internationale Finanzsystem haben. Möglich werden Geschäfte in Yuan aufgrund einer Entscheidung des Internationalen Währungsfonds, der die chinesische Landeswährung als globale Reserve- und Leitwährung akzeptierte. Der Yuan steht damit auf einer Stufe mit dem US-Dollar, dem Euro, dem Pfund Sterling und dem japanischen Jen.