Guatemalas Ex-Polizeichef Sperisen mit Beschwerde vor Gericht erfolgreich

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Das Schweizerische Bundesgericht wies den Fall Sperisen an die kantonale Instanz zurück
Das Schweizerische Bundesgericht wies den Fall Sperisen an die kantonale Instanz zurück

Lausanne. Das Schweizerische Bundesgericht hat einer Beschwerde von Guatemalas Ex-Polizeichef Erwin Sperisen teilweise stattgegeben. Sperisen war 2014 vom Genfer Kantonsgericht wegen Mittäterschaft bei zehn Morden zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Nun muss das Kantonsgericht den Fall erneut behandeln.

Der schweizerisch-guatemaltekische Doppelbürger Sperisen war von 2004 bis 2007 Generaldirektor der Nationalen Zivilpolizei (PNC) in Guatemala. Als solcher war er für die extralegale Hinrichtung von sieben Häftlingen verantwortlich, die nach der Erstürmung der Strafanstalt Pavón durch Sicherheitskräfte am 25. September 2006 erschossen wurden. So urteilte zumindest das Kantonsgericht Genf aufgrund von zahlreichen Zeugenaussagen und weiteren Beweisen, die Sperisens Anwesenheit als Befehlshaber der Operation belegten. Zeugen zufolge hatte Sperisen die Tötung mehrerer Gefangener angeordnet und einen Menschen selbst erschossen.

Sperisen war auch wegen Mordes an drei entflohenen Häftlingen Ende 2005 angeklagt, die nach ihrer erneuten Gefangennahme durch die Polizei exekutiert wurden. In diesem Fall sprach ihn das Kantonsgericht wegen Mangels an Beweisen frei. Auf Berufung der Staatsanwaltschaft wurde Sperisen von der Strafkammer des Kantonsgerichts jedoch auch wegen dieser drei Tötungen verurteilt.

Dass das Bundesgericht nun den Fall an die Vorinstanz zurückweist, hat eher mit Verfahrensfehlern als mit einer grundsätzlich anderen Einschätzung der Ereignisse zu tun. So schreibt das Gericht: "Gemäß Bundesgericht durfte die Vorinstanz willkürfrei davon ausgehen, dass es sich bei diesen Todesfällen um geplante Tötungen gehandelt hat, die im Rahmen einer Parallelaktion zur offiziellen Operation 'Pavo Real' von einem 'Kommando' bestehend aus Polizeikräften und externen Personen ausgeführt wurden."

Was die Ermittlung von Sperisens persönlicher Verantwortung für die Taten anbelange, so seien ihm gewisse Verteidigungsinstrumente vorenthalten worden. So habe das Kantonsgericht "das Recht auf Konfrontation mit wichtigen Belastungszeugen bezüglich massgeblicher Fakten nicht respektiert", schreiben die Bundesrichter. Bestimmte Beweise seien durch das Kantonsgericht "willkürlich" beurteilt worden, weshalb die Verurteilung Sperisens auf einer "ungenügenden Begründung" beruhe.

Im Fall der drei Tötungen von 2005 habe die kantonale Instanz zudem den Anklagegrundsatz verletzt. Das Gericht habe die Verantwortlichkeit von Sperisen für diese Morde auch damit begründet, dass er sich an der Folterung von Gefangenen beteiligt habe. Entsprechende Ausführungen dazu fehlten jedoch in der Anklageschrift, bemängelte das Bundesgericht.

Das Genfer Kantonsgericht muss sich also erneut mit dem Fall befassen. Bis zum Abschluss des Verfahrens dürfte Sperisen in Untersuchungshaft bleiben. Eine Abschiebung nach Guatemala steht indes wegen Sperisens Schweizer Staatsbürgerschaft nicht zur Debatte.

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