Guatemala reagiert mit Repression auf Kampagne für Recht auf Abtreibung

Behörden des mittelamerikanischen Landes weisen Aktivisten aus. Kriminalisierung von Abtreibungen mit schweren Folgen für Mädchen und Frauen

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Aktivisten werben für die Aktion
Aktivisten werben für die Aktion

Guatemala-Stadt. In Guatemala ist eine Gruppe von medizinischen Experten und Frauenrechtsaktivisten abgeschoben worden, die vor Ort Abtreibungen angeboten hatten, die in dem zentralamerikanischen Land fast ausnahmslos verboten sind. Die niederländische Organisation Women on Waves (WoW) und die guatemaltekischen Behörden machen sich seither gegenseitig Vorwürfe, gegen Rechtsnormen verstoßen zu haben. Das Schiff der WoW war am 22. Februar in Guatemala eingetroffen und wurde drei Tage später aus den Gewässern des Landes verwiesen.

Hinter der Aktion der WoW steht ein erhebliches Problem mit der Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Im Jahre 2015 wurden in Guatemala zwischen Januar und August 4.432 Schwangerschaften bei zehn- bis vierzehnjährigen Mädchen registriert. Die letzten offiziellen Zahlen zu Abtreibung in Guatemala stammen aus dem Jahr 2003. Damals wurden 65.000 Abtreibungen registriert, 22.000 davon mit gravierenden Komplikationen, weil sie ohne hinreichende medizinische Betreuung durchgeführt wurden.

Women on Waves bietet unter anderem eine sichere, medikamentöse Abtreibung in internationalen Gewässern an, vor allem für Mädchen und Frauen aus Ländern, in denen Abtreibungen gesetzlich verboten sind.

Ab dem 23. Februar sollte die Kampagne der ehrenamtlich arbeitenden Organisation aus den Niederlanden im guatemaltekischen Hafen von San Jose stattfinden. Zunächst sollten die rund 25 freiwilligen Aktivistinnen und Aktivisten die Kampagne erläutern, geplant war auch ein Rundgang von Pressevertretern auf dem Schiff. An den folgenden Tagen sollten Frauen empfangen werden, welche auf internationalem Gewässer medikamentöse Abtreibung in Begleitung eines österreichischen Gynäkologen erhalten sollten. Inmitten der Pressekonferenz wurde das Team jedoch des Stegs verweisen, an dem das Boot angelegt hatte. Der Kongress von Guatemala kündigte zugleich an, das Boot mit Hilfe der Sicherheitsbehörden aus guatemaltekischen Gewässern zu verweisen. Die Menschenrechtsombudsbehörde des Landes hatte zuvor nach Angaben der lokalen Presse eine anonyme Mitteilung erhalten, nach der auf dem Schiff möglicherweise Verbrechen begangen worden sind.

WoW protestierte gegen die Blockade der Aktionen und die Ausweisung aus guatemaltekischen Gewässern. Die Behörden des mittelamerikanischen Landes hätten gegen das Recht auf Versammlungsfreiheit, Bewegungsfreiheit und einen freien und unabhängigen Prozess verstoßen. Auch hätten die Justizbehörden des mittelamerikanischen Landes das Prinzip der Unschuldsvermutung verletzt.

Die guatemaltekische Einwanderungsbehörde, von der die Anordnung zur Ausweisung stammt, warf der Besatzung der niederländischen Organisation indes vor, gegen Migrationsbestimmungen des Landes verstoßen zu haben. Die mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen guatemaltekischer Institutionen weist die Behörde zurück.

Darstellungen der Aktivisten lassen vermuten, dass die Justizbehörden die Aktion massiv behindern wollten. Als sich die Rechtsertreter der WoW nach einer Beschwerde und Schutzforderung erkundigen, wurde ihnen nach eigenen Angaben mitgeteilt, diese sei nicht eingegangen, die Dokumente seien "verschwunden". Die Berufung gegen den Ausreisebefehl blieb folgenlos. Stattdessen erhob das Militär den Vorwurf des illegalen Eindringens in privates und militärisches Territorium, ein Vergehen, das mit bis zu fünf Jahren Haft geahndet werden kann.

Nach dem drei Tage währenden Streit wurde das Schiff samt Besatzung in Begleitung des Militärs in internationale Gewässer ausgewiesen. Die freiwilligen lokalen Aktivistinnen und Aktivisten der Kampagne reisten zurück nach Guatemala-Stadt. Sie betonen dort die Notwendigkeit der Kampagne und der Aufrechterhaltung einer Hotline. Insgesamt seien über 60 Anrufe von Frauen entgegengenommen worden, die Hilfe auf dem Schiff in Anspruch nehmen wollten. Diese wurden an lokale Organisationen weitergeleitet.

WoW will das Vorgehen der guatemaltekischen Behörden nun vor dem Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte anzeigen.

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