Regierung von Argentinien will Strafmündigkeit für Jugendliche herabsetzen

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Jugendliche in einem argentinischen Gefängnis
Jugendliche in einem argentinischen Gefängnis. Laut Unicef verstößt eine Heranbsetzung der Strafmündigkeit gegen die UN-Kinderrechtskonvention

Buenos Aires. Argentiniens Justizminister Germán Garavano hat eine geplante Verschärfung des Jugendstrafrechts bestätigt. Einer der Hauptpunkte dabei ist die Herabsetzung der Strafmündigkeit von 16 auf 14 Jahre. Die Regierung wolle eine Kommission zur Ausarbeitung eines entsprechenden Gesetzesprojektes einsetzen, so der Minister. Die Gesetzesnovelle soll dem Kongress nach den Parlamentswahlen im Oktober dieses Jahres vorgelegt werden.

Kritik an dem Vorstoß der Regierung kam von verschiedenen politischen, sozialen und Menschenrechtsorganisationen sowie von der katholischen Kirche. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, Unicef, stellte in einem Kommuniqué klar, dass das Gesetzesvorhaben im Widerspruch zur UN-Kinderrechtskonvention stehe. Ähnlich äußerte sich der Friedensnobelpreisträger und Vorsitzende der Organisation Servicio Paz y Justicia, Adolfo Pérez Esquivel. Er zeigte sich zudem davon überzeugt, dass eine Herabsetzung des Strafmündigkeitsalters nicht zur Lösung des Sicherheitsproblems beitragen wird: "Die Probleme der Jugendlichen werden nicht mit Repression gelöst, sondern mittels Bildung, würdiger Lebensbedingungen und Bewusstseinsbildung." Repressive Maßnahmen würden die Situation dagegen verschlimmern.

Laura Taffetani, Sprecherin der Organisation Pelota de Trapo, betonte gegenüber der Tageszeitung Página/12, dass viele Jugendliche insbesondere in Buenos Aires in Slums leben, die "Gefängnisse unter freiem Himmel" seien. Ein Großteil werde dort selbst zu Opfern der "Verflechtungen zwischen Polizei und Drogenhandel", manche auch zu deren Handlangern. Die Organisation Niñez y Territorio hat in einer Studie basierend auf Daten des staatlichen Statistikinstituts erhoben, dass in Argentinien derzeit 48 Prozent der Kinder und Jugendlichen bis zum 14. Lebensjahr in Armut leben und die Schule vorzeitig abbrechen.

Anlass für die erneute Diskussion um die Herabsetzung der Strafmündigkeit war die Ermordung eines 14-Jährigen durch einen 26- und einen 16-Jährigen im Dezember des vergangenen Jahres in Buenos Aires. Kritisiert wird auch, dass die Regierung vor dem Hintergrund dieses Verbrechens just zu Beginn eines Wahljahrs eine Diskussion um die Verschärfung des Jugendstrafrechts lancieren will.

Parallel zur restriktiven Rechtspolitik der Regierung häuften sich zuletzt in den städtischen Slumvierteln Übergriffe durch Sicherheitskräfte. Ende September hatte ein Fall zweier Jugendlicher für Aufsehen gesorgt, die von Beamten der Präfektur in einem Armenviertel im Süden von Buenos Aires systematisch gefoltert und mit dem Tod bedroht worden waren. Bereits davor hatte die Staatsanwaltschaft für Fälle institutioneller Gewalt (Procuvin) auf den Anstieg der Polizeigewalt gegen Jugendliche in Slumvierteln aufmerksam gemacht.

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