Kindersterblichkeit in Kohlegebiet in Kolumbien verdoppelte sich 2016

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Insgesamt sind in den letzten neun Jahren circa 5.000 Wayuu-Kinder durch Krankheiten, Mangelernährung und Durst umgekommen
Insgesamt sind in den letzten neun Jahren circa 5.000 Wayuu-Kinder durch Krankheiten, Mangelernährung und Durst umgekommen

Riohacha, Kolumbien. Die alarmierende Situation der Wayuu-Indigenen in Kolumbien hat sich 2016 wegen der hohen Kindersterblichkeit im nördlichen Departamento La Guajira weiter verschlimmert. Die jüngsten Todesfälle ereigneten sich am vergangenen Wochenende, als dort fünf Kinder im Alter von ein bis zwei Jahren an Hunger starben. Damit sind 81 Wayuu-Kinder allein in diesem Jahr durch Krankheiten, Mangelernährung und Dehydrierung umgekommen. Das bedeutet eine Verdopplung im Vergleich zu 2015, als 37 indigene Kinder gestorben waren. Insgesamt sind in den letzten neun Jahren circa 5.000 Wayuu-Kinder durch Mangel gestorben.

Für die humanitäre Krise in La Guajira machen Menschenrechts- und Umweltorganisationen seit langem die Regierung und die Kohlekonzerne verantwortlich. Die Kohleförderung in dem 69.000 Hektar großen Tagebau El Cerrejón, die nun 30 Jahren andauert, hat einen extremen Mangel an Wasser verursacht und damit die Landwirtschaft, Ziegenzucht und Fischerei, von denen die Wayuu früher lebten, zerstört. El Cerrejón hat sich außerdem frühere Lebensräume der Gemeinden angeeignet und den Vertriebenen so den Zugang zu ihrer traditionellen Nahrungsversorgung versperrt.

El Cerrejón verwendet täglich mehr als 17 Millionen Liter des lokalen Wassers, während jeder Einwohner durchschnittlich über 0,7 Liter von nicht trinkbarem Wasser pro Tag verfügt. Laut den indigenen Gemeinden sind mehrere Bäche wegen der Gewinnung von Steinkohle verschwunden, andere hat die Mine kontaminiert oder umgeleitet.

Die Bevölkerung hat keine Alternativen, um ihre Existenz zu sichern. Die Arbeitslosenquote liegt bei 46 Prozent. Ebenso mangelt es an Schulen, Krankenhäusern und Gesundheitsstationen. Grund dafür ist zum einen die geringe Besteuerung der Bergbauunternehmen in Kolumbien und zum anderen die Korruption der lokalen Politiker, die sich im Fall von La Guajira bei den Förderabgaben von Cerrejón seit Jahren privat bedient haben.

Die Regierung von Präsident Juan Manuel Santos ihrerseits hat die humanitäre Krise in La Guajira nicht gestoppt. Nachdem die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte (CIDH) den kolumbianischen Staat im Dezember 2015 ermahnt hatte, gegen die Kindersterblichkeit in La Guajira vorzugehen, bereiste Santos die Region und sprach von Maßnahmen gegen die Krise. Ein Jahr nach der CIDH-Ermahnung ist allerdings festzustellen, dass die Kindersterblichkeit nicht zurückgegangen sondern sogar zugenommen hat.

Vom Staat haben die Wayuus in diesem Jahr hauptsächlich eine stärkere Militarisierung der Zonen wahrgenommen, in denen die Gemeinden sich der Ausbreitung des Bergbaus entgegengestellt haben, wie beispielsweise in den Landkreisen in La Guajira, wo die Einwohner aktuell intensiv gegen die Umleitung des Flusses Bruno kämpfen.

El Cerrejon ist in Händen von drei Konzernen: dem Schweizer Glencore, dem britisch-südafrikanischen Anglo American und dem australischen BHP Billinton. Die Mine produziert 32 Millionen Tonnen Steinkohle pro Jahr, die zum Teil von deutschen Stromunternehmen wie RWE, Eon und Steag gekauft werden.

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