Mexiko / Menschenrechte

Politischer Gefangener in Mexiko entlassen, viele andere weiter in Haft

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Ein Graffito in Chiapas: "Freiheit für alle politischen Gefangenen. Weg mit Gefängnismauern"
Ein Graffito in Chiapas: "Freiheit für alle politischen Gefangenen. Weg mit Gefängnismauern"

San Cristóbal de las Casas, Mexiko. Am 24. November ist Roberto Paciencia Cruz nach drei Jahren und vier Monaten in Haft freigesprochen worden. Der indigene Landarbeiter aus dem Bezirk Chenalhó im südmexikanischen Bundesstaat Chiapas war 2013 wegen einer angeblichen Entführung verhaftet worden. Seitdem saß er in einem Gefängnis in der Nähe von San Cristóbal de las Casas.

"Ich wurde der Entführung eines Jugendlichen aus Chenalhó beschuldigt, aber ich hatte damit nichts zu tun", sagte Paciencia Cruz bei einer Pressekonferenz im Anschluss an seine Freilassung. Seine Unschuld hatte der vierfache Familienvater immer wieder beteuert. Der Kläger und gleichzeitig einzige Zeuge der Tat wurde mehrmals vom zuständigen Richter vorgeladen und erschien nie zur Anhörung. Nun war der letzte Anhörungstermin für diese Woche angesetzt und er erschien wieder nicht. Daraufhin sprach der Richter Paciencia Cruz frei.

Der Entlassene wurde während seines ersten Verhörs gefoltert und leidet seitdem an einer Sehbeeinträchtigung. Im Gefängnis lernte er Alejandro Díaz Santis kennen. Díaz Santis ist Mitglied eines Kollektivs von Gefangenen im Widerstand mit dem Namen "Solidarios de la Voz del Amate". Gemeinsam begannen die beiden die Menschenrechtsverletzungen, die die Gefangenen im Haftalltag erlitten, öffentlich zu machen. In Briefen, die sie im Gefängnis schrieben und veröffentlichen ließen, benannten sie immer wieder Beispiele von physischen und psychischen Misshandlungen.

Die Soziologin Aida Cipriano äußerte: "Paciencia Cruz und die anderen inhaftierten Indigenen leiden täglich unter unmenschlicher Behandlung, Ungerechtigkeit und Diskriminierung seitens des Personals." Auch internationale Organisationen wie Human Rights Watch oder Amnesty International (AI) weisen darauf hin, dass Folter in Mexiko "Teil eines korrupten Systems" ist. Laut Angaben von AI gibt es in Mexiko mehr als 395 politische Gefangene, davon über 50 im Bundesstaat Chiapas. Meist sind es Anführer sozialer Organisationen oder Indigene, die politisch und regierungskritisch aktiv sind. Durch ihre Tätigkeit werden sie vom Staat als "Bedrohung des existierenden politischen Systems" gesehen und häufig ohne rechtskräftige Verurteilung festgehalten. Die Solidaritätsgruppe "No estamos todxs" fordert daher in einem Schreiben anlässlich der Freilassung von Roberto Paciencia Cruz dazu auf, weiter zu kämpfen bis alle politischen Gefangenen befreit sind.

In den kommenden Tagen soll im Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de las Casas eine Pressekonferenz zu dem Thema stattfinden, an der neben Vertretern der Solidaritätsgruppe auch Roberto Paciencia Cruz selbst teilnehmen wird.

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