Venezuela / Politik

Erste Resultate bei Dialog zwischen Regierung und Opposition in Venezuela

Umsetzung von Vereinbarungen im Gange. Regierungsgegner ziehen umstrittene Abgeordnete aus Parlament zurück. Neubesetzung der Wahlbehörde geplant

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Bei der Dialogrunde am 12. November in Caracas. Links die Delegierten der Regierung, in der Mitte die Vermittler, rechts die MUD-Gesandten
Bei der Dialogrunde am 12. November in Caracas. Links die Delegierten der Regierung, in der Mitte die Vermittler, rechts die MUD-Gesandten

Caracas. In Venezuela scheint sich die politische Situation nach Beginn von offiziellen Gesprächen zwischen Regierung und Opposition zu entspannen. Am Dienstag zogen sich drei Parlamentsabgeordnete des Parteienbündnisses "Tisch der demokratischen Einheit" (MUD) von ihren Ämtern zurück, die im Zentrum eines Streits zwischen der oppositionell dominierten Nationalversammlung und anderen Institutionen des Landes stehen.

Die Wahl von vier Abgeordneten aus dem Bundesstaat Amazonas war im vergangenen Januar vom Obersten Gericht (TSJ) wegen Unregelmäßigkeiten, namentlich Bestechungsvorwürfen, ausgesetzt worden. Parlamentspräsident Henry Ramos Allup vereidigte später dennoch drei MUD-Politiker aus Amazonas, woraufhin das TSJ Anfang September alle Handlungen der Nationalversammlung für ungültig erklärte. Mit dem Rückzug der drei leistet der MUD einen Beitrag zur Lösung des institutionellen Konflikts.

Der Generalsekretär des Oppositionsbündnisses, Jesús Torrealba, forderte in einem Interview mit dem Fernsehsender Globovisión, in Amazonas müssten nun schnellstmöglich Neuwahlen abgehalten werden, um die in seinen Augen "betrügerische Missachtung" des Parlaments zu beenden. Bisher hatte das Bündnis kategorisch darauf bestanden, die suspendierten Parlamentarier an den Abstimmungen der Kammer teilnehmen zu lassen. Teile des MUD, etwa die Rechtspartei Voluntad Popular, äußerten am Dienstag denn auch ihre Unzufriedenheit mit dem Vorgehen.

Torrealba kündigte indes an, dass zwei abtretende Mitglieder des Nationalen Wahlrates (CNE) ersetzt würden, sobald die Nationalversammlung wieder handlungsfähig sei. Die Wahlbehörde stellt in Venezuela eine unabhängige Staatsgewalt dar. Ihre Mitglieder werden per Zweidrittelmehrheit vom Parlament gewählt. Dabei haben die Zivilgesellschaft, die Rechtsfakultäten des Landes sowie die "Bürgergewalt" (Poder Ciudadano, fünfte Staatsgewalt) ein Vorschlagsrecht. Ende 2016 laufen die Amtszeiten von zwei der fünf "Rektoren" genannten Leitungsmitglieder des CNE ab. Der MUD-Abgeordnete Luis Florido gab über den Kurznachrichtendienst Twitter bekannt, dass am Montag bereits Gespräche mit Bewerbern in einer Parlamentskommission stattgefunden hätten.

Die Lösung des Konflikts zwischen Parlament und Oberstem Gericht sowie die reibungslose Neubesetzung des Wahlrates sind zwei Punkte, auf die sich Vertreter von Regierung und Opposition bei einer Gesprächsrunde am 12. November verständigt haben. Eingeladen hatte erneut der päpstliche Sondergesandte Claudio María Celli. Als Vermittler nahmen zudem Unasur-Generalsekretär Ernesto Samper, der Ex-Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero (Spanien) und die Ex-Präsidenten Martín Torrijos (Panama) und Leonel Fernández (Dominikanische Republik) teil.

Weiter verpflichteten sich die politischen Lager, zusammenzuarbeiten, um jegliche auf die Wirtschaft und Versorgungslage abzielenden Sabotageakte zu bekämpfen und die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Medikamenten zu garantieren. Präsident Nicolás Maduro hatte oppositionellen Kreisen seit längerem vorgeworfen, in einen "Wirtschaftskrieg" gegen seine Regierung verwickelt zu sein.

Zur Vertiefung der Gespräche wurde zudem eine Begleitkommission eingerichtet, in der verschiedene gesellschaftliche Gruppen vertreten sein sollen. Geleitet wird dieses Gremium von Spaniens ehemaligem Ministerpräsidenten Zapatero und je einem Vertreter der Regierung und der Opposition.

Ein neuer Streitpunkt zeichnete sich am Dienstagabend ab, nachdem das Oberste Gericht den Versuch des Parlaments, gegen Präsident Maduro ein Amtsenthebungsverfahren einzuleiten, für verfassungswidrig erklärte und verbot. Parlamentspräsident Ramos Allup machte seinem Ärger auf Twitter Luft: Das Gericht könne "seiner eigenen Lakaien-Bande Befehle erteilen" ‒ gemeint sind regierungstreue Parlamentarier ‒ "aber nicht der gewählten Nationalversammlung". Der Wutausbruch wird aber auch nichts daran ändern, dass ein "Impeachment" wie in Brasilien, mit dem die gewählte Präsidentin Dilma Rousseff vom Parlament im August dieses Jahres gestürzt wurde, in Venezuelas Verfassung nicht vorgesehen ist.

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