Proteste in Paraguay nach Urteil gegen Kleinbauern im Fall Curuguaty

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Solidarität mit den Verurteilten und den Aktivisten, die in Zelten vor dem Justizpalast eine Mahnwache abhalten
Solidarität mit den Verurteilten und den Aktivisten, die in Zelten vor dem Justizpalast eine Mahnwache abhalten

Asunción. Mit Demonstrationen, Besetzungen und einer Mahnwache protestieren Menschenrechts- und Bauernaktivisten, Studierende und linke politische Bewegungen seit Montag in Paraguays Hauptstadt gegen die Verurteilung der elf Landarbeiterinnen- und arbeiter im Fall des Massakers von Curuguaty. Das Strafgericht hatte hohe Haftstrafen gegen die Angeklagten verhängt: Vier von ihnen wurden wegen Mordes, Landbesetzung und Bildung einer kriminellen Vereinigung verurteilt, Rubén Villalba bekam mit 30 Jahren die höchste Strafe. Wegen Mittäterschaft sollen Luis Olmedo 20, Néstor Castro und Arnaldo Quintana je 18 Jahre hinter Gittern. Gegen drei Frauen lautete das Urteil je sechs Jahre Haft wegen Komplizenschaft, sie wurden am Dienstag vom Gefängnis in den Hausarrest überstellt. Die vier übrigen Angeklagten bekamen wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung und Landbesetzung je vier Jahre ausgesprochen und sind inzwischen auf freiem Fuß, da sie ihre Strafe bereits verbüßt haben.

Am 15. Juni 2012 hatte eine Gruppe von Kleinbauern das Grundstück Campus Morombí besetzt. Es gehört zu einem 2.500 Hektar großen Landstück, das im Familienbesitz des inzwischen verstorbenen Politiker Blas Riquelme ist. Der konservative Ex-Senator der Colorado-Partei und ehemalige Chef von Paraguays Handelskammer erhielt dieses während der Diktatur unter Alfredo Stroessner (1954 bis 1989) von der Regierung als Geschenk. Die Familie besitzt hierfür keine Landtitel. Die Bauern forderten mit ihrer Besetzung die Einbeziehung dieser Ländereien in die Agrarreform, da das Land öffentliches Eigentum sei. Riquelme informierte die Polizei, woraufhin der Innenminister die Räumung des Grundstücks anordnete. Mehrere Hundertschaften rückten an, um die Besetzung aufzulösen. Bei den darauf folgenden Schusswechseln kamen elf Landarbeiter und sechs Polizisten ums Leben. Der linksgerichtete Präsident Fernando Lugo wurde für die Vorfälle verantwortlich gemacht und kurz darauf von der rechtsgerichteten Parlamentsmehrheit in einem Eilverfahren abgesetzt. Kritiker bezeichnen die Vorgänge als parlamentarischen Putsch.

Am Tag der Urteilsverkündung demonstrierten zahlreiche Menschen vor dem Gerichtsgebäude. "Das wird uns nicht entmutigen, wir werden weiter kämpfen, wir werden weiter für die Rechte der Armen kämpfen", kündigte Bauernsprecher Mario Espínola an. Die Richter bezeichnete er als "genauso korrupt wie die Regierung von Präsident Horacio Cartes". Die Aktivistin Guillermina Kanonnikoff sprach von einer "Ohrfeige für das Volk". Es habe keine Beweise gegeben, die Staatsanwaltschaft herrsche faktisch über die Justiz. Andere kritisierten die zahlreichen Verzögerungen und Unterbrechungen sowie die widersprüchlichen Zeugenaussagen. In einer Erklärung bezeichneten die Verteidiger der Angeklagten das Urteil als "illegal und willkürlich". Der Kampf der Landarbeiter werde kriminalisiert, während die wahren Verantwortlichen straffrei ausgingen.

Der Prozess hatte auch international Kritik hervorgerufen, denn es wurden lediglich Bäuerinnen und Bauern vor Gericht gestellt, die für den Tod der Beamten verantwortlich gemacht wurden. Gegen die Polizisten und weiteren Amtsträger, die den Tod der Landarbeiter verschuldet haben, wurde nie ermittelt.

Die Aktivisten wollen ihre Mahnwache im und vor dem Justizpalast bis zur Freilassung der Verurteilten fortsetzen und fordern die sofortige Aufhebung des Urteils.

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