Umfrage zur Gewalt an Frauen in Argentinien gestartet

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Zehntausende demonstrierten am 3. Juni allein in Buenos Aires gegen die Gewalt an Frauen
Zehntausende demonstrierten am 3. Juni allein in Buenos Aires gegen die Gewalt an Frauen

Buenos Aires. Eine Gruppe von Medienschaffenden in Argentinien hat eine landesweite Befragung zur Gewalt an Frauen und Mädchen ins Leben gerufen. Die Umfrage "Bericht von der Gewalt" zielt darauf ab, umfassend Daten über Formen von alltäglicher Diskriminierung und gewaltsamer Übergriffe gegen Frauen zu sammeln. Die Initiative "Index der machistischen Gewalt" startete zum Jahrestag der Großdemonstrationen vor rund einem Jahr.

Tausende Menschen hatten am 3. Juni vergangenen Jahres unter dem Motto "Nicht eine weniger" vor dem argentinischen Nationalkongress und in zahlreichen Städten des Landes demonstriert. Die Wahrung der Frauenrechte und der Opferschutz bei Strafverfolgungen wurden gefordert sowie an die Zahl der geschlechtsbezogenen Morde, sogenannte Femizide, erinnert.

Nach Angaben der Initiatoren hat in den ersten fünf Tagen mehr als ein Drittel der über 70.000 Besucher der Webseite an der Befragung teilgenommen. Das Durchschnittsalter liege bei 31,5 Jahren. Die Teilnehmerinnen werden sowohl zu allgemeinen gesellschaftlichen Kontexten sexueller Diskriminierung, als auch zu konkreten gewaltlosen und gewaltsamen Erfahrungen befragt. So etwa, ob sie irgendwann in der Öffentlichkeit vulgär beleidigt wurden oder ob ein aktueller oder früherer Partner sie einmal geohrfeigt hat. Die Umfrage läuft insgesamt 90 Tage.

Auch in diesem Jahr fanden am 3. Juni landesweit Kundgebungen gegen die Gewalt an Frauen statt. Laut einem Bericht der argentinischen Feministin und Aktivistin Marta Dillon schlossen sich rund hundert Gruppierungen der Feminismus- und der Menschenrechtsbewegung der diesjährigen Veranstaltung an. Ihrer Einschätzung nach hat sich durch die Wiederholung im zweiten Jahr der Tag als festes Datum für das nationale Engagement für Frauenrechte im Kalender eingeschrieben.

Die Organisatorinnen der Kundgebung, die unter dem Hashtag "Niunamenos" zum zweiten Mal in den sozialen Netzwerken mobilisiert hatten, begrüßten die Befragung auf ihrer Facebook-Seite. Ihr Statement verbanden sie mit einem Aufruf: "Wir sind darüber hinaus überzeugt, dass der Staat verlässliche Statistiken erheben muss, die als Grundlage für konkrete politische Maßnahmen dienen." Die Forderung nach politischem Durchgreifen wurde auch von den zahlreich mitdemonstrierenden Angehörigen von Opfern sexueller Gewalt vorgetragen. Viele Plakate zeigten die ermordeten und vermissten Frauen und Mädchen.

Laut Definition der argentinischen Nichtregierungsorganisation (NGO) "Das Haus der Begegnung" ist "Femizid" ein politischer Begriff, der die gesellschaftliche Normalisierung von Sexismus in einer extremen Form problematisiert. Die NGO erfasst seit 2008 die Fälle sexualisierter Gewalt. Demnach wurden 2015 in Argentinien 286 Femizide registriert, 66 in den ersten 100 Tagen des laufenden Jahres.

2009 wurde die nationale Präventionsrichtlinie mit dem Gesetz zum "Integralen Schutz der Frauen" verabschiedet. Erst wenige Tage vor dem Aufruf zur Demonstration hatte die Provinzregierung von Córdoba, der zweitgrößten Metropolregion des Landes, die nationale Richtlinie als letzte Provinz in die regionale Gesetzgebung übernommen.