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Kulturschaffende stellen sich gegen De-facto-Präsident von Brasilien

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Protest auf dem roten Teppich in Cannes
(Screenshot)
Protest auf dem roten Teppich in Cannes (Screenshot)

Cannes/Rio de Janeiro. Bei den Filmfestspielen im französischen Cannes hat das Team des brasilianischen Films "Aquarius" gegen die Absetzung von Präsidentin Dilma Rousseff protestiert. Am Eingang des Gran Teatro Lumiere hielten Regisseur Kleber Mendonça Filho und Hauptdarstellerin Sonia Braga sowie ihre Schauspielerkollegen kurz vor der Aufführung ihres Wettbewerbsbeitrages vor internationalen Medienvertretern Blätter mit Inschriften wie "In Brasilien geschah ein Putsch", „54.501.118 Stimmen verbrannt!", "Chauvinisten, Rassisten und Betrüger als Minister", "Die Welt kann diese unrechtmäßige Regierung nicht anerkennen" hoch. Im Saal skandierten sie gemeinsam mit Zuschauern Parolen gegen die De-facto Regierung von Michel Temer und entrollten vor Filmbeginn ein Transparent: "Stoppt den Putsch in Brasilien".

"Aquarius" ist der einzige lateinamerikanische Beitrag unter 21 Anwärtern auf die Goldene Palme des renommierten Filmfestivals. Erzählt wird die Geschichte von Clara, gespielt von Sonia Braga, und ihrem Widerstand gegen Immobilienspekulanten in Recife, die sie aus ihrer Wohnung vertreiben wollen. In Interviews vor der Ausstrahlung in Cannes hatten die beteiligten Künstler bereits den "Staatsstreich" von Temer sowie seine Entscheidung verurteilt, zwecks Einsparungen das Ministerium für Kultur aufzulösen und als Untersekretariat in das Bildungsministerium zu integrieren. Fast alle in Cannes gezeigten brasilianischen Filmproduktionen seien weitestgehend mit staatlicher Unterstützung finanziert worden, betonten sie.

Unterdessen halten mehrere hundert Künstler den Sitz des Kulturministeriums (Minc) im Zentrum von Rio de Janeiro besetzt. Die unbefristete Besetzung, die am Sonntag begann, wird von zahlreichen künstlerischen und kulturellen Kollektiven mitgetragen. Auch der größte Gewerkschaftsdachverband des Landes, die Einheitszentrale der Arbeiter (CUT) beteiligt sich. "Wir unterstützen diese Bewegung voll und ganz. Wir werden hier bleiben, so lange es notwendig ist. Wir sind gegen die Auslöschung des Minc und gegen diese Putschregierung. Wir brauchen das Ministerium, wir müssen die Kultur ernster nehmen und wir müssen diese Regierung stürzen", so der CUT-Vorsitzende von Rio, Marcelo Rodrigues. Eine der Besetzerinnen, die Schauspielerin Ana Lucía Pardo, erklärte: "Wir sind hier, um Temer eine klare Botschaft zu übermitteln. Um ihm zu sagen, dass wir seine illegitime Regierung nicht anerkennen und das Minc zurück wollen."

Am Samstag hatte die Tageszeitung O Globo bereits einen offenen Brief publiziert, der von zahlreichen Kulturorganisationen und bekannten brasilianische Künstlern – unter ihnen Caetano Veloso, Chico Buarque, Carlinhos Brown und Gilberto Gil – unterzeichnet wurde, die ebenfalls scharfe Kritik an der Auflösung des Ministeriums und den angekündigten Einsparungen im Kulturbereich übten.

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