Ultrarechte in Kolumbien machen mobil

Drangsalierung der Bevölkerung dauert nach "Streik" der Paramilitärs an. Verbindung zwischen Mobilisierungen von Ex-Präsident Uribe und bewaffneter Aktion

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Ankündigung des bewaffneten Streiks durch die "Gaitán-Selbstverteidigungsgruppen Kolumbiens" (AGC)
Ankündigung des bewaffneten Streiks durch die "Gaitán-Selbstverteidigungsgruppen Kolumbiens" (AGC)

Bogotá. In Kolumbien setzt sich auch in dieser Woche eine Einschüchterungskampagne rechtsgerichteter Paramilitärs fort. Nachdem die paramilitärische Bande "Gaitán-Selbstverteidigungsgruppen Kolumbiens" (AGC) einen zweitägigen bewaffneten Streik in Teilen von acht Departamentos durchgeführt hatte, kündigt ein neues Pamphlet der AGC Vergeltungsmaßnahmen gegen die nordwestliche Stadt Sincelejo wegen ihres "Ungehorsams" an. Diese soll den befohlenen Stillstand nicht befolgt haben. Dabei erklären die AGC, die auch als "Clan Úsuga" oder "Los Urabeños" bekannt sind, die staatliche Universität, die Schulen und die Polizeistationen der Stadt zu militärischen Ziele.

Vergangene Woche hatten die AGC zwischen Mittwoch und Freitag mindestens 36 Landkreise im Norden Kolumbiens komplett lahmgelegt, Landstraßen gesperrt, Fahrzeuge verbrannt und fünf Angehörige der Sicherheitskräfte sowie einen Zivilisten getötet. Menschenrechtler sprachen von einer "Stimmung der Verängstigung und des Terrors" in den Regionen.

Zu den betroffenen Gebieten gehört der Norden des Departamento Chocó. Dort habe die Ankunft von Paramilitärs zu Panik in der Bevölkerung geführt, heißt es in einer Mitteilung von Basisorganisationen und Vertretern der Katholischen Kirche des kolumbianischen Pazifikraums. Während des bewaffneten Streiks sei es der Bevölkerung unter Todesandrohung nicht gestattet gewesen, ihren normalen Tätigkeiten nachzugehen, Geschäfte und Schulen blieben geschlossen, Transportbetriebe wurden eingestellt. Aus "bestreikten" Landkreisen in weiteren Departamentos wurde Ähnliches berichtet.

Im Cauca hat die paramilitärische Gruppe "Águilas Negras" (Schwarze Adler) sozialen Organisationen, Journalisten und Menschenrechtsaktivisten in einem Brief gedroht, sie "wie die Ratten" zu töten, sollten sie ihre Aktivitäten nicht einstellen und den Bezirk innerhalb einer Woche verlassen.

Im Chocó geschah der angeordnete Stillstand laut der Mitteilung der Organisationen aus dem Pazifikraum in Gebieten mit besonders hoher Präsenz der öffentlichen Streitkräfte. Im nördlich gelegenen Curvaradó sahen die Einwohner laut der "Kommission Gerechtigkeit und Frieden" wie Militärs und Paramilitärs sich am zweiten Streiktag ruhig unterhielten. Basisorganisationen anderer betroffener Departamentos klagten ebenso über die Untätigkeit des Militärs.

Ziel des bewaffneten Streiks war laut den Behörden zum einen, regionale Macht zu demonstrieren. Zum anderen wollten die AGC für die Demonstrationen mobilisieren, zu denen die ultrarechte Partei des Ex-Präsidenten Álvaro Uribe, Centro Democrático (CD), für den 2. April aufgerufen hatte. Diese richteten sich gegen die Friedensverhandlungen und die Regierung von Präsident Juan Manuel Santos. Sicherheitsdienste hätten Nachrichten von AGC-Chefs abgefangen, in denen über Busse und Imbisse für die CD-Mobilisierung in Landkreisen der Departamentos Antioquia und Córdoba gesprochen wurde, sowie über einen Journalisten, der 20 Millionen Pesos (circa 6.000 Euro) für die Förderung der Demonstrationen in regionalen Medien erhalten würde, so die Zeitschrift Semana.

Einen Tag nach der Beendigung des paramilitärischen Streiks demonstrierten Anhänger und Mitglieder der CD in 22 Städten gegen den Friedensdialog mit den Guerillas. Dabei haben die Demonstranten Parolen gegen den "Castrochavismo", die Abtreibung und eine vermeintliche politische Verfolgung der CD-Mitglieder skandiert. In Bogotá wurde die Teilnahme bewaffneter Personen beobachtet, darunter waren auch Neonazi-Gruppen zu sehen.

Der bewaffnete Streik und die CD-Mobilisierung fanden kurz nach der Ankündigung der Aufnahme der Friedensverhandlungen zwischen Regierung und der ELN-Guerilla statt, und in einer Phase, in der der Friedensdialog mit den Farc auf die Zielgerade geht. Die Organisationen aus dem Pazifikraum betonten zudem, dass die aktuellen Geschehnisse nicht unabhängig von den Todesdrohungen zu sehen sind, die einzelne Menschenrechtsaktivisten in jüngster Zeit erhalten haben. Angesichts dieser Ereignisse fordern sie vom kolumbianischen Staat das sofortige Eingreifen zum Schutz der Zivilbevölkerung. Es gebe jedoch Hinweise auf Verbindungen von Mitgliedern der öffentlichen Streitkräfte zu Paramilitärs und dies schwäche das Vertrauen der Bevölkerung in die im gegenwärtigen Friedensprozess gemachten Versprechen von Versöhnung und Nichtwiederholung der Gewalttaten.

In den vergangenen Monaten haben Basisorganisationen und politische Gruppen immer wieder auf die Zunahme paramilitärischer Gewalt hingewiesen.

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