Sozialer Kahlschlag in Argentinien

Regierung zahlt Milliarden an Hedgefonds und erhöht zugleich Preise für Nahverkehr, Wasser und Gas. Gewerkschaften kündigen Proteste und gemeinsamen Vorgehen an

cw2_ak6woaajzxk.jpg

Frontansicht des Demonstrationszuges in Buenos Aires am Dienstag
Seit Macris Amtsantritt gehene Tausende gegen die "Schock-Politik" der Regierung auf die Straße

Buenos Aires. Die Senatoren in Argentinien debattierten gerade noch über eine Neuverschuldung von 12,5 Milliarden US-Dollar, um diese einer Reihe internationaler Hedgefonds zu überweisen, als die Regierung von Präsident Mauricio Macri weitere Preiserhöhungen bekanntgab. Der Minister für öffentlichen Nahverkehr in der neuen Regierung, Guillermo Dietrich, erklärte, dass die Tarife für den öffentlichen Nahverkehr in Buenos Aires zwischen 50 und 100 Prozent steigen werden. Einen Tag später kündigte der Generaldirektor der Wasserwerke, Martín Heinrich, an, die Preise für die Wasserversorgung um knapp 220 Prozent anzuheben. Gleichzeitig erließ das Ministerium für Energie und Bergbau mit zwei Resolutionen Tarife für die Bereitstellung von Gas, die im Schnitt einen Anstieg um 300 Prozent bedeuten. Bereits im Januar hatte dasselbe Ministerium die Preise für die Stromversorgung um 200 bis 300 Prozent erhöht.

Die Regierungsvertreter bezeichnen diese Politik als "Wiederanpassung" ("readecuación") der Preise oder als "Prozess zur Normalisierung der Gebühren" (Heinrich). Schließlich hätten die Vorgänger-Regierungen durch ihre "Subventionen" die Kosten verzerrt und "Preis-Populismus" betrieben. Ziel sei es, heißt es in den Resolutionen des Ministers für Energie- und Bergbau, Juan José Aranguren, "zu erreichen, dass sich mittel- und langfristig die Preise aus dem freien Spiel zwischen Angebot und Nachfrage ergeben".

Hugo Moyano, Vorsitzender der Gewerkschaft CTG Azopardo, übte scharfe Kritik an den Maßnahmen: "die Herren an der Regierung" könnten nicht mit dieser "perversen Politik" weitermachen. "Die Mehrheit der Funktionäre" hinter dem neuen Präsidenten Mauricio Macri seien "Geschäftsführer von Unternehmen, Manager, die in einer anderen Realität leben als die Bevölkerung". Juan Carlos Schmid, Vorsitzender der Konföderation der Arbeiter im öffentlichen Nahverkehr (CATT), beschrieb die Linie der Regierung in den ersten 120 Tagen als "Schock-Politik". Der Generalsekretär der Bauarbeiter-Gewerkschaft (Uocra), Gerardo Martínez, ging ähnlich hart mit der Regierung ins Gericht: "In den ersten 100 Tagen Amtszeit sind keine Entscheidungen für die Arbeiter getroffen worden. Alle Beschlüsse nutzten anderen Sektoren und nicht den Menschen, die weniger haben und die die Folgen der Inflation härter treffen, weil sie eine Steuer auf die Armut ist." Derweil urteilte Juan Carlos Giuliani, Sekretär bei der Gewerkschaft CTA Autónoma (CTA-A): "Mit den Erhöhungen der Preise und der Tarife befinden wir uns inmitten einer sozialen Katastrophe." Deren Generalsekretär, Pablo Micheli, kommt daher zu dem Schluss, dass "wir direkt auf einen sozialen Konflikt zusteuern".

Die Gewerkschaftsvertreter geben sich entsprechend kämpferisch: Wenn die Regierung die Forderungen der Gewerkschaften nicht "versteht", droht Hugo Moyano, "dann sind Maßnahmen unausweichlich". Pablo Micheli sieht in der Einheit mit den anderen vier Gewerkschaftsverbänden Argentiniens "das einzige Mittel, um den brutalen Entlassungen und Tarifen zu begegnen". In den kommenden Tagen werden die Gewerkschaftsverbände über weitere neue Gegenmaßnahmen beraten.

Wenn Sie über diesen Artikel mitdiskutieren wollen, nutzen Sie bitte die Kommentarfunktion auf unserer Facebook-Seite oder folgen Sie einfach diesem Link.