Argentinien gibt Gebeine von Indigenen nach Feuerland zurück

Aufgrund von Restitutionsbegehren gibt Museum in La Plata Leichnam an Gemeinden zurück. Wichtiger Beitrag zur Gerechtigkeit und Aufarbeitung der Geschichte

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2010 stellten die Selk’nam beim Nationalen Institut für indigene Angelegenheiten (INAI) die Rückgabeforderung
2010 stellten die Selk’nam beim Nationalen Institut für indigene Angelegenheiten (INAI) die Rückgabeforderung

La Plata, Argentinien. Die Universität von La Plata in Argentinien will der indigenen Gemeinschaft Rafaela Ishton, die der Ethnie der Selk’nam angehört, die Überreste von vier Mitgliedern zurückgegeben. Das Skelett und die drei Schädel sind aktuell im Bestand des anthropologischen Museums der naturwissenschaftlichen Fakultät der Hochschule. Die Rückführung an den Herkunftsort der Selk’nam im argentinischen Feuerland ist für den 19. April geplant.

Im Jahr 2010 hatten die Selk’nam beim Nationalen Institut für indigene Angelegenheiten (INAI) die Rückgabeforderung gestellt. Wie die Direktorin des Museums in La Plata, Silvia Ametrano, sagte, hat sich die wissenschaftliche Praxis seit dem 19. Jahrhundert verändert. So sollen künftig weitere Überreste von indigenen Völkern zurückgegeben werden, die sich zwar noch im Bestand des Museums befinden, aber nicht mehr ausgestellt werden dürfen.

Die geplante Rückgabe wird vom INAI koordiniert. Es handelt sich und die Reste von Seriot, einen Anführer der Selk’nam, die auch als Ona bekannt sind. Er war 1897 auf dem Landgut des britischen Missionars Thomas Bridges erschossen und seine Gebeine daraufhin vom damaligen Gouverneur der Provinz Tierra del Fuego zu Forschungs- und Ausstellungszwecken dem Museum übergeben worden. In wissenschaftlichen Kreisen wurde er wegen seines kardinalsähnlichen Hutes auf den Spitznamen "Capello" getauft. Sein Skelett wird zusammen mit den Schädeln von drei weiteren Indigen, darunter eine Frau, die nicht identifiziert werden konnten, zurückgegeben.

Der Anthropologe Fernando Miguel Pepe bekräftigt, dass das Museum in La Plata landesweit und in der Region den meisten Restitutionsbegehren nachgekommen sei. Pepe leitet die Organisation Guias (Grupo Universitario de Investigación en Antropología Social), die sich seit 2006 für die Rückgabe von Gebeinen an die indigenen Herkunftsgemeinschaften einsetzt. Zu Seriots Rückgabe sagte er, dass künftig noch unzählige "Gefangene der Wissenschaft zurückzuführen" seien.

Seit den 1990er Jahren machen indigene Akteure in ganz Lateinamerika zunehmend ihre politischen und kulturellen Rechte geltend. In diesem Kontext stehen auch die Restitutionsforderungen gegenüber Museen, Archiven und Forschungseinrichtungen.

In Argentinien wurde die erste Rückführung 1994 durchgeführt. Damals gab das Museum von La Plata die Überreste des Mapuche-Kaziken Inakayal an seine Ursprungsgemeinde zurück. In Deutschland bekannt geworden war der Fall des Guayaqui-Mädchens Kryygi, deren wissenschaftlicher Name "Damiana" ist. Sie hatte die Ermordung ihrer Familie in Paraguay überlebt und war 1907 im Alter von etwa 14 Jahren in La Plata gestorben. Ihr Schädel war zu Forschungszwecken dem Berliner Wissenschaftler Johann Virchow geschenkt worden. Ihr Skelett war bei einer Inventur im anthropologischen Museum von La Plata vor einigen Jahren entdeckt worden. Inzwischen wurden Skelett und Schädel an die Mitglieder der Arché-Gemeinde, der Herkunftsethnie "Damianas", zurückgegeben.