Manipulation und Gefährdung eines Zeugen im Fall Cáceres in Honduras

Honduranische Behörden konzentrieren sich bei Mordermittlungen auf Kriminalisierung von COPINH und Einschüchterung des einzigen Zeugen

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Protest nach dem Mord an Berta Cáceres in Washington, USA
Protest nach dem Mord an Berta Cáceres in Washington, USA

Tegucigalpa/Berlin. Fünf Tage nach der Ermordung der Umwelt- und Menschenrechtsaktivistin Berta Cáceres in Honduras werden die polizeilichen Ermittlungen der Behörden von ihrer Familie und der indigenen Organisation COPINH als einseitig und manipulativ kritisiert. Der Staat versuche, ein Mordmotiv aus persönlichen Gründen zu konstruieren, nachdem zunächst von einem Überfall die Rede gewesen sei.

Dies gehe mit weiteren Versuchen einher, die Organisation COPINH, der Cáceres als Koordinatorin vorstand, zu kriminalisieren und den indigenen Widerstand gegen das Staudammprojekt der Firma Desa in Agua Zarca zu beseitigen. So wurde das COPINH-Mitglied Aureliano Molina Villanueva 48 Stunden von der Polizei festgehalten, obwohl Zeugen bestätigten, dass er sich zum Zeitpunkt des Mordes in Francisco de Lempira, zwei Stunden entfernt von dem Ort des Verbrechens aufgehalten hatte. Weiterhin wurde das Fahrzeug der Organisation durchsucht und der COPINH-Koordinator Tomas Gómes musste sich ohne Angabe konkreter Gründe einer kriminalistischen Untersuchung unterziehen.

Die Autopsie von Berta Cáceres wurde gegen den ausdrücklichen Wunsch der Familie von der Staatsanwaltschaft ohne Anwesenheit eines unabhängigen forensischen Experten durchgeführt. Mögliche Verbindungen des Mordes zum Wachschutz des Unternehmens DESA wurden bisher nicht untersucht, obwohl sich diese laut Zeugenaussagen in der betreffenden Nacht in der Nähe von La Esperanza aufgehalten hatten.

COPINH und die Familie von Berta Cáceres und zahlreiche internationale Menschenrechts- und Umweltorganisationen sowie Vertreter des europäischen Parlaments fordern daher eine unabhängige Untersuchung der Umstände und Hintergründe des Todes, möglichst in Zusammenarbeit mit der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte. "Die Behörden in Honduras sagen eine Sache, handeln aber entgegengesetzt", sagte die Beauftragte von Amnesty International für den amerikanischen Kontinent, Erika Guevara-Rosas: "Uns wurde zwar versichert, dass sie sich verpflichten, die Verantwortlichen für Berta Cáceres Tod zu finden, aber sie ignorieren zugleich die meisten Grundregeln der Ermittlungsarbeit, darunter den Umstand, dass Berta über einen langen Zeitraum hinweg wegen ihrer Menschenrechtsarbeit ernstzunehmende Todesdrohungen erhalten hatte."

Der einzige Zeuge des Mordes, der mexikanische Umweltaktivist Gustavo Castro Soto, wird weiterhin daran gehindert das Land zu verlassen. Am 6. März wurde er in Anwesenheit des mexikanischen Botschafters von der honduranischen Polizei mit physischer Gewalt daran gehindert, den Sicherheitsbereich des Flughafens zu betreten. Nachdem er kurzzeitig in der mexikanischen Botschaft Zuflucht gefunden hatte, bestand die honduranische Regierung auf einer erneuten Aussage. Gustavo Castro Soto hat bereits umfassend ausgesagt und 72 Stunden in polizeilichem Gewahrsam verbracht. Die Organisation Otros Mundos Chiapas, für die Castro arbeitet, fürchtet um sein Leben. Amnesty International hat am Dienstag eine Eilaktion für Castro initiiert.

Auch das Auswärtige Amt in Berlin bezeichnete die Menschenrechtslage in Honduras inzwischen als "besorgniserregend". Gegenüber amerika21 erklärte das Außenamt: "Die Bundesregierung steht daher im ständigen intensiven politischen Dialog mit der honduranischen Regierung zur Lage der Menschenrechte." Diese Gespräche würden sowohl auf bilateraler Ebene als auch im Rahmen der EU geführt. Die Botschaft stehe außerdem in stetem Kontakt mit honduranischen Menschenrechtsorganisationen und habe auch in intensivem Kontakt mit Berta Cacéres und ihrer Organisation gestanden. "Die Ermordung von Berta Cáceres wird in allen Foren ausführlich thematisiert werden", sagte das Außenamt zu. Die vor Ort ansässigen EU-Botschaften, so auch die deutsche Botschaft, haben die Ermordung umgehend öffentlich verurteilt und die Behörden zur Klärung des Falles aufgerufen.