Venezuelas Regierung gibt Maßnahmen gegen ökonomische Krise bekannt

Präsident Maduro veröffentlicht Zahlen über Einbruch bei Staatseinnahmen. Opposition und Unternehmerverband kritisieren Initiativen als ungenügend

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Maduro und seine Vizepräsidenten am Donnerstag
Maduro und seine Vizepräsidenten am Donnerstag

Caracas. Venezuelas Präsident und Regierungschef Nicolás Maduro hat in einer mehr als fünfstündigen Ansprache erste Schritte zur Bewältigung der ökonomischen Krise des Landes bekannt gegeben. Die venezolanische Regierung hatte zu Jahresbeginn den Wirtschaftsnotstand ausgerufen.

Maduro machte deutlich, dass "sich die Probleme nicht von heute auf morgen lösen lassen. Jeder, der dies verspricht, ist ein Lügner". Die Maßnahmen seien in Zusammenarbeit mit den Präsidialraten entstanden, in denen die Regierung direkt mit Vertretern der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen und der chavistischen Basis zusammenarbeitet. Vor allem habe auch der jüngst geschaffene Nationale Rat für produktive Wirtschaft mitgewirkt, an dem Vertreter des Staates, der Privatwirtschaft, Basisorganisationen und Akademiker beteiligt sind, hob der Präsident zu Beginn hervor.

Das staatliche Versorgungsnetzwerk für Lebensmittel wird vollständig umstrukturiert. Es wurde von einem schweren Korruptionsskandal erschüttert. Seit Wochenbeginn sind mehr als 60 Personen landesweit festgenommen worden, unter ihnen mehrere Filialleiter der staatlichen Supermarktkette Bicentenario. Anfang Februar waren bereits drei hochrangige Funktionäre wegen Unterschlagung verhaftet worden. Sie sollen Millionengeschäfte mit dem illegalen Verkauf subventionierter Lebensmittel gemacht haben. Maduro hat nun angeordnet, die Bicentenario-Kette in ihrer bisherigen Form aufzulösen und direkt als Verteilerzentren für die Kommunalen Räte zu nutzen. Diese Entscheidung trifft auf Zustimmung der chavistischen Basis: sie gebe Hoffnung, den korruptionsanfälligen Sektor zu verbessern, da den organisierten Gemeinden mehr Teilhabe zugestanden werde.

Der Präsident gab auch eine Erhöhung des Benzinpreises bekannt. Lag der Preis bislang bei knapp 0,1 Bolivar (Bsf) pro Liter, beträgt er nun sechs Bsf. Die Erhöhung soll die Produktionskosten mehr als decken und dem Staat die für Sozialprogramme notwendigen Mittel bringen.

Um gegen die massiven Steuerhinterziehungen vorzugehen, führt die Regierung das laut Maduro "sehr erfolgreiche elektronische System aus Ecuador" zur Verarbeitung von Kaufbelegen und Quittungen ein. Weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Steuereinnahmen des Staates sollen folgen.

Änderungen werden auch im Wechselkurssystem vorgenommen, es wird zwei offizielle Wechselkurse geben. Der präferenzielle feste Kurs von 6,30 Bsf pro Dollar wird auf zehn angehoben und das Wechselkurssystem Simadi "umgewandelt in ein auf Angebot und Nachfrage basierendes System, das soziale Aspekte berücksichtigt", wie der Staatschef beschrieb. Ob das neue System zuverlässiger arbeiten und den Schwarzmarkt, bei dem man mehr als 1.000 Bsf pro Dollar erhält, beseitigen kann, bleibt abzuwarten. Die illegalen Gewinnmargen durch den Schwarzmarkt bedeuten für den venezolanischen Haushalt jährlich Milliardenverluste an Devisen.

Angesichts der hohen Inflation verkündete Maduro außerdem die Erhöhung des Mindestlohns um 20 Prozent. Zusammen mit der Anhebung der Lebensmittelmarken steigt der Lohn damit um 52 Prozent. Zur weiteren Schaffung von Arbeitsplätzen habe er 190 Milliarden Bsf für neue Infrastrukturprogramme bewilligt. Damit sollen, wie schon im vergangenen Jahr, tausende Menschen gesicherte Arbeit bekommen, so der Präsident. Darüber hinaus wird eine Bankkarte eingeführt, über die knapp 800.000 Familien direkten Zugang zu finanzieller Unterstützung erhalten werden.

Der Vorsitzende des Unternehmerverbandes Fedecámaras, Francisco Martínez, kritisierte die Initiativen als eine Fehlinterpretation der venezolanischen Realität: "Die Maßnahmen sind nicht genug für das Ausmaß der Krise im Land." Dem schlossen sich verschiedene Vertreter des Oppositionsbündnisses Tisch der demokratischen Einheit (MUD) an. So bemängelte der MUD-Abgeordnete José Guerra fehlende Anreize für die nationale Produktion. María Corina Machado, Vorsitzende der Partei Vente Venezuela, sagte, dass Maduro dem privaten Sektor "den Krieg bis auf den Tod" erklärt habe.

Die venezolanische Wirtschaft ist seit mehr als einem Jahr in einer schweren Krise. Der Einbruch des Erdölpreises ließ die Deviseneinnahmen des Landes nahezu auf Null fallen. Präsident Maduro zeigte während der Ansprache Zahlen, die dies belegen: vergleicht man die Deviseneinnahmen vom Januar 2014 mit denen des laufenden Jahres, verzeichneten sie einen Rückgang um 97,5 Prozent. Die Einnahmen aufs gesamte Jahr gerechnet fielen von 2014 zu 2015 um Zweidrittel.