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Telesur künftig ohne Argentinien?

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Sitz von Telesur in Venezuelas Hauptstadt Caracas
Sitz von Telesur in Venezuelas Hauptstadt Caracas

Buenos Aires. Die Regierung von Argentinien wird die Beteiligung des Landes am multistaatlichen lateinamerikanischen Nachrichtensender Telesur überprüfen. Dies gab der von Präsident Mauricio Macri in den neu geschaffenen Posten des "Minister für Medien und öffentliche Inhalte" eingesetzte Hernán Lombardi bekannt. Gerüchte, nach denen die Regierung Macri die Ausstrahlung von Telesur unterbunden und seine Niederlassung geschlossen hat, wurden von der Leiterin des Senders, Patricia Villegas, indes dementiert.

An der Aktiengesellschaft La Nueva Televisión del Sur C.A. mit Sitz in Caracas sind die Regierungen der sieben Mitgliedsländer Argentinien, Bolivien, Ecuador, Kuba, Nicaragua, Uruguay und Venezuela beteiligt. Die Aktienmehrheit wird von Venezuela gehalten. Dieses Medien-Integrationsprojekt entstand auf Initiative des verstorbenen Präsidenten Venezuelas, Hugo Chávez, und des kubanischen Revolutionsführer Fidel Castro und ist seit 2005 auf Sendung. Anlässlich seines zehnjährigen Bestehens würdigte der venezolanische Schriftsteller Luís Britto García Telesur für seine "Beharrlichkeit, zu zeigen, was die anderen nicht zeigen, das Verborgene aufzudecken, die dunkle Seite der Nachrichten zu zeigen". Der Sender sei "eine Stimme des Integrationsprojekts" in Lateinamerika. Telesur kann in ganz Amerika als offenes Signal und in Westeuropa sowie Nordafrika über Satellit empfangen werden und ist außerdem live im Internet zu sehen. Seit Juli 2014 sendet Telesur auch auf Englisch.

Bei der Vorstellung des Regierungsprogramms in Sachen Medien kündigte Lombardi im Gespräch mit der argentinischen Tageszeitung La Nación am Sonntag "weitere Überprüfungen mit Schockwirkung" in allen Bereichen der öffentlich-rechtlichen Medien mit Ergebnissen innerhalb der nächsten 15 Tage an. Diese Woche hatte Macri bereits bis auf Weiteres die sofortige Schließung des Parlamentssenders Senado TV angeordnet, der alle Senats- und bestimmte Kommissionssitzungen übertragen, aber auch Interviews mit Senatoren und Nachrichten gesendet hatte. Die Maßnahme folgte der Absetzung aller Leiter der für Kommunikation, audiovisuelle Medien und die Umsetzung des Mediengesetzes zuständigen staatlichen Stellen. Dieses unter Ex-Präsidentin Christina Fernández de Kirchner verabschiedete Gesetz soll Monopolstellungen privater Medienkonzerne einschränken, regionalen Radio- und Fernsehsendern den Zugang zu Lizenzen vereinfachen und die Autonomie der einzelnen öffentlich-rechtlichen Anstalten stärken. Letztere wurden per Dekret von Macri dem Telekommunikationsminister Oscar Aguad unterstellt. Dieser hatte bereits zuvor angekündigt, dass das Mediengesetz "nicht fortbestehen wird und dass sich die staatlichen Medien künftig frei auf dem Markt messen werden".

Diese Ankündigung hat breiten Protest hervorgerufen. Bei mehreren Demonstrationen gingen in den vergangenen zwei Wochen Zehntausende auf die Straßen um das Gesetz zur Demokratisierung der Medien zu verteidigen.