Venezuela / Politik

Opposition in Venezuela knapp vor Zweidrittelmehrheit im Parlament

Wahlbehörde gibt nach Parlamentswahlen weitere Ergebnisse bekannt. Regierungsgegner legen deutlich zu, liegen aber noch unter der wichtigen 111-Sitze-Marke

img_4975.jpg

Venezuela verfügt über moderne Wahlmaschinen
Venezuela verfügt über moderne Wahlmaschinen

Caracas. Die Opposition in Venezuela steht nach einem massiven Zugewinn an Stimmen bei den Parlamentswahlen am Sonntag knapp vor der Zweidrittelmehrheit. Der Nationale Wahlrat Venezuelas (CNE) gab am Montagabend (Ortszeit) das zweite Zwischenergebnis bekannt, nach dem das Oppositionsbündnis "Tisch der Demokratischen Einheit" (MUD) 107 von 167 Sitzen in der Nationalversammlung erhält. Auf die regierende sozialistische Partei (PSUV) entfallen 55 Mandate. Zuvor hatten Vertreter des Oppositionslagers eine Mehrheit von 112 Sitzen verkündet. Damit könnten die Regierungsgegner unter anderem die Verfassung ändern und wichtige Institutionen wie den Wahlrat und das Oberste Gericht neu besetzen.

Nach Auszählung weiterer Stimmen gab der CNE am späten Montagabend bekannt, dass die Opposition landesweit auf 56,5 Prozent der Stimmen kommt. Auf das Regierungslager entfallen 41 Prozent. In absoluten Zahlen haben demnach 7.707.422 Menschen für die Opposition und 5.599.025 für die Regierung gestimmt.

Zu den 107 Sitzen des MUD kommen nach jetzigem Stand drei Mandate, die für die indigenen Gruppen des südamerikanischen Landes reserviert sind. Die indigenen Kandidaten für das Oppositionsbündnis, Romel Guzamana, Gladys Guaipo und Virgilio Ferrer, haben sich demnach durchgesetzt.

Die kommenden Monate und Jahre dürften für die regierenden Sozialisten schwierig werden. Mit einer einfachen Mehrheit von 84 Stimmen können alle Entscheidungen getroffen werden, sofern die Verfassung von 1999 nicht andere Mehrheiten festlegt. Die Möglichkeiten reichen von der Besetzung parlamentarischer Ämter bis hin zur Bestimmung des Haushaltes – wobei der Staatsetat für das kommende Jahr bereits beschlossen ist. Eine Drei-fünftel-Mehrheit mit 100 Sitzen kann Minister und den Vizepräsidenten abberufen. Mit einer Zwei-drittel-Mehrheit oder 111 Stimmen kann ein Lager Abgeordnete zeitweise suspendieren, Ausschüsse ein- oder absetzen und Verfassungsreformen ansetzen. Auch könnten die Regierungsgegner mit einer solchen Mehrheit eine Verfassungsgebende Versammlung einberufen und Mitglieder des Obersten Gerichtshofes abberufen. Eine Neubesetzung der Leitung der autonomen Wahlbehörde benötigt vorab die Zustimmung des Obersten Gerichtshofes.


Anmerkung: In einer früheren Version dieses Artikels wurden die landesweiten Stimmenanteile mit 64,07 Prozent (MUD) und 32,93 Prozent (GPP) angegeben. Diese zahlen bezogen sich jedoch auf den Anteil der Sitze im Parlament, nicht auf die landesweiten Stimmen.