Regierung in Nicaragua billigt Umweltstudie zum Kanalbau

Baldiger Baubeginn erwartet. Regierung erwartet positive Auswirkungen durch das Projekt. Kritiker fürchten Umweltkatastrophe und Vertreibung

cocibolca.jpg

Der Kanal soll 173 Kilometer über Land und 105 Kilometer durch den Nicaraguasee verlaufen
Der Kanal soll 173 Kilometer über Land und 105 Kilometer durch den Nicaraguasee verlaufen

Managua. Die Regierung von Präsident Daniel Ortega hat die Umwelt- und Sozialverträglichkeitsstudie der britischen Firma Environmental Resources Management (ERM) für den Bau des Großen Interozeanischen Kanals angenommen. Damit können die eigentlichen Bauarbeiten beginnen. Die Studie war im Auftrag des Hauptinvestors, der chinesischen Hong Kong Nicaragua Canal Development Group (HKND) durchgeführt worden. Darin wird versichert, dass das Megaprojekt vorteilhaft für Nicaragua sei, wenn die höchsten internationalen Standards eingehalten werden.

Dies wird jedoch von Kritikern des Projekts bezweifelt. Nach der Auswertung der Ergebnisse der Studie kommt Mónica López von der Gruppe Cocibolca zu dem Schluss, dass der Kanalbau zu einer Umweltkatastrophe führen könnte. Cocibolca, ein Zusammenschluss von Umweltschützern, Wissenschaftlern, sozialen und politischen Aktivisten wendet sich gegen das Kanalprojekt. Weder die Regierung noch HKND verfügten über die Fähigkeiten, ein solches Projekt durchzuführen, so López. Deshalb habe ERM die Unterstützung durch Weltbank und Interamerikanische Entwicklungsbank empfohlen, die helfen könnten, Umweltschäden zu vermeiden. Die Gruppe fordert nun vom Parlament die Rücknahme des Gesetzes, mit dem die Konzession für den Kanalbau erteilt wurde.

HKND-Chefberater Bill Wild kündigte indes die Fortsetzung der Untersuchungen bis zum Jahr 2016 an, um negative soziale und ökologische Folgen zu vermeiden. Ergänzend sei die australische Firma CSA mit Studien zu Gewässern und Topografie beauftragt worden.

Neben den Umweltfolgen verweisen Kritiker auf den Widerstand von Bewohnern der Kanalroute, die umgesiedelt werden sollen. Auch in der Studie von ERM werde darauf aufmerksam gemacht. Besonders heftig wird über die Entschädigungszahlungen und Alternativen diskutiert. In einer Presseerklärung von HKND heißt es, dass nicht mehr als 6.800 Familien umgesiedelt werden müssten. Wild führte aus, dass von den 362 Familien in den Indigenengebieten der Atklantikküste lediglich 25 indigene Familien und die übrigen Siedler seien, die sich dort niedergelassen haben. Man erörtere noch mit der Regierung, welche Optionen den Bewohnern gegeben werden. Oft glaubten die Menschen, dass der Verkauf des Landes die einzige Option sei. Er gehe davon aus, dass sich die meisten letztlich für die Umsiedlung in neu zu errichtende Dörfer mit Zugang zu Elektrizität, Wasser, Abwasser, Straßen, Gesundheits- und Bildungseinrichtungen sowie Polizeistationen entscheiden. Auch in Bezug auf Landbesitz werde man den Tausch von Ländereien vorschlagen, da man im Rahmen des Projekts 30.000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche von hoher Qualität entlang des Kanals schaffen werde.

HKND und Regierung sehen die Chance auf positive ökonomische, soziale und ökologische Auswirkungen durch das Projekt. Manuel Coronel Kautz, Präsident der Kommission des Interozeanischen Kanals von Nicaragua gab an, dass die Auswertung der Studienergebnisse grundlegend für weitere Schritte in dem Projekt war.

Wild dankte der nicaraguanischen Regierung für ihre Entscheidung. Man habe verschiedene Verbesserungsvorschläge eingearbeitet. Bei neun öffentlichen Anhörungen sei über die Sorge der Bevölkerung um den Nicaraguasee und die Entwaldung gesprochen worden. Er hob hervor, dass versucht werde, die Umweltschäden soweit wie möglich zu reduzieren, besonders hinsichtlich der Mangrovenwälder an der Pazifikküste bei Brito, der Feuchtgebiete bei San Miguelito und des Schutzes der Palmwälder an der Karibik. Außerdem werde darauf geachtet, die Sedimente im Nicaraguasee nicht aufzuwühlen.

Der Umweltschützer Kamilo Lara erklärte indes, dass eine Reihe von Forderungen unterschiedlicher Umweltgruppen aufgenommen wurden, um bereits jetzt bestehende Umweltschäden entlang der Kanalroute umzukehren. HKND verspricht ein ehrgeiziges Wiederaufforstungsprogramm, um Bodenerosion zu verhindern und die Menge der Sedimente zu reduzieren. Außerdem seien die Schleusen so geplant, dass es nicht zu einer Senkung des Wasserspiegels oder einer Versalzung des Nicaraguasees komme.

Der geplante "Große Interozeanische Kanal" soll als Alternative zum Panamakanal durch Nicaragua führen. Mit dem Neu- und Ausbau von Straßen, um die nötigen Transporte von Maschinen und Material für die Bauarbeiten zu ermöglichen, wurde im Dezember 2014 begonnen.