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Grenze zwischen Venezuela und Kolumbien bleibt geschlossen

Schmuggel soll unterbunden werden. 2.400 Soldaten und Polizisten im Bundesstaat Táchira im Einsatz. Ausnahmezustand in fünf Bezirken

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Soldaten bewachen eine Brücke nach Kolumbien
Soldaten bewachen eine Brücke nach Kolumbien

Caracas. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro hat angeordnet, die Grenze zu Kolumbien vorerst geschlossen zu halten. Die Maßnahme, die zunächst für drei Tage vorgesehen war, werde so lange aufrechterhalten, bis "Normalität, Frieden und Gesetzmäßigkeit wieder hergestellt sind und der Angriff aus Kolumbien auf unsere Wirtschaft beendet ist", sagte Maduro am Samstag.

Der Präsident hatte am Freitag nach einem Angriff auf venezolanische Soldaten die Grenzschließung angeordnet und in fünf Verwaltungsbezirken des Bundesstaates Táchira den Ausnahmezustand verhängt. Am Mittwoch waren dort drei Soldaten von mutmaßlichen Schmugglern durch Schüsse verletzt worden. Die Soldaten waren im Einsatz gegen paramilitärische Banden, die illegal Waren über die Grenze bringen. Rund 40 Prozent aller Lebensmittel, die für den venezolanischen Markt bestimmt sind, werden nach Schätzungen der Behörden nach Kolumbien geschmuggelt und dort viel teurer verkauft. Im Jahr 2014 wurden über 28.000 Tonnen Lebensmittel an der Grenze beschlagnahmt. Auch Benzin wird in großem Ausmaß illegal ausgeführt.

Der Gouverneur des Bundesstaates Aragua, Tareck El Aissami, verlas in einer landesweit übertragenen Radio-und Fernsehsendung die Anweisungen der Regierung für fünf Verwaltungsbezirke von Táchira. Demnach sind folgende Verfassungsrechte eingeschränkt: freier Transit - außer aus humanitären Gründen -, Wechsel des Wohnorts, Unverletzlichkeit individueller Kommunikation, Versammlungen an öffentlichen Orten und Demonstrationen. Ebenfalls eingeschränkt ist das Verbot von Hausdurchsuchungen in Privat- und Geschäftsräumen ohne richterliche Anordnung. Die Migrationskontrollen in den Grenzregionen werden verstärkt. In allen Fällen gelte "der absolute Respekt vor der physischen, psychischen und moralischen Integrität der Personen", heißt es in der Anordnung Maduros.

Der für die Operationen zuständige Militärchef, General José Morantes, gab bekannt, dass 2.400 Soldaten und Polizisten im Einsatz sind. In manchen Zonen würden "Haus für Haus" Durchsuchungen durchgeführt. An den ersten zwei Tagen des Ausnahmezustandes wurden 185 kolumbianische Bürger ohne Papiere abgeschoben, zehn Personen wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in paramilitärischen Banden festgenommen und an die Justizbehörden überstellt. 56 Tonnen für den Schmuggel vorgesehene Lebensmittel wurden beschlagnahmt.

Der Ausnahmezustand kann laut Verfassung vom Präsidenten angeordnet werden "wenn soziale, wirtschaftliche, politische, natürliche oder ökologische Umstände eingetreten sind, welche die Sicherheit der Nation, der Institutionen und der Bürger schwer beeinträchtigen und denen nicht mit den bestehenden Befugnissen entgegengetreten werden kann". Weiter heißt es: "Beim Ausnahmezustand können zeitweise verfassungsmäßige Garantien eingeschränkt werden - außer den Garantien, die sich auf das Recht auf Leben, das Verbot von Inkommunikado-Haft oder Folter, das Recht auf einen ordnungsgemäßen Prozess, das Recht auf Information und weitere unantastbare Menschenrechte beziehen." Innerhalb von acht Tagen muss das Parlament der Verhängung zugestimmt und der Oberste Gerichtshof die Verfassungsmäßigkeit geprüft haben.

Während Regierungsvertreter betonen, dass sich in den sozialen Netzwerken eine breite Unterstützung der Bevölkerung für die Maßnahmen ausdrücke, kritisierte das Oppositionsbündnis "Tisch der Demokratischen Einheit" (MUD) das Vorgehen der Regierung als "unverhältnismäßig, ungeeignet und unangebracht". Die Verhängung des Ausnahmezustandes sei vor allem ein Versuch, die Parlamentswahlen am 6. Dezember "angesichts der drohenden Niederlage abzusagen".

Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos forderte indes die Wiedereröffnung der Grenze. Für diesen Mittwoch ist ein Treffen der Außenministerinnen beider Länder angesetzt. Man werde "Mechanismen der Sicherheit und des Friedens" in den Grenzregionen diskutieren und ausarbeiten, sagte Venezuelas Chefdiplomatin Delcy Rodríguez. Auch für den massiven Zuzug kolumbianischer Bürger müsse eine Regelung gefunden werden. Laut Präsident Maduro wurden zwischen Januar und Juli dieses Jahres 121.834 Einwanderer aus dem Nachbarland registriert.