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Gewalt bei Protesten der Opposition in Ecuador

Demonstranten lehnen Reformen der Erbschaftssteuer und Gewinnabgaben für spekulative Geschäfte ab. Gegendemonstrationen von Regierungsanhängern

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Demonstration der Opposition in Ecuadors größter Stadt, Guayaquil
Demonstration der Opposition in Ecuadors größter Stadt, Guayaquil

Quito. Seit Montag demonstrieren Oppositionskräfte und Regierungsanhänger in mehreren Städten Ecuadors. Dabei ist es zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen, mindestens zwei Polizisten und ein Ex-Minister wurden verletzt. Grund der Erregung sind die Steuerreformen der Regierung von Präsident Rafael Correa. Dieser verurteilt die Gewalt und spricht von einem Komplott.

Die Opposition hatte über soziale Netzwerke zu den Demonstrationen aufgerufen. Doch auch die Anhänger der Regierung sind auf den Straßen. Mancherorts trennen nur wenige Meter die beiden Lager, ein großes Polizeiaufgebot ist im Einsatz.

Mit schwarzen Fahnen und Schildern protestieren Hunderte gegen die Einführung einer Erbschaftssteuer sowie einer Abgabe auf Gewinne aus spekulativen Geschäften mit Immobilien. Doch ihnen geht es nicht nur um die Reformen: "Die Regierung wird fallen", hört man auf den Demonstrationen ebenso wie "Tod dem Diktator". Die Befürworter der Reformen stellen sich ihnen mit den grünen Transparenten der Regierungspartei Alianza País entgegen. "Weiter so, Correa", ist auf ihnen zu lesen. Auch die oppositionellen Bürgermeister der beiden größten Städte Quito und Guayaquil beteiligten sich an den Protesten.

Am Mittwoch schlugen die Proteste in Quito in Gewalt um. Das Fernsehen zeigte den ehemaligen Kulturminister Francisco Velasco mit einer Wunde im Gesicht. Auch zwei Polizeibeamte wurden von Demonstranten verletzt.

Präsident Correa, der am 10. und 11. Juni in Brüssel am Gipfeltreffen der Europäischen Union und der Gemeinschaft lateinamerikanischer und karibischer Staaten (Celac) teilnahm, verurteilte die Gewalt der Oppositionellen. Auf seinem Twitter-Account schrieb er am Mittwoch: "Hier ist ganz klar eine Verschwörung im Gange. Die Gewalt kommt immer von den gleichen und ist unerhört!" Der verletzte Ex-Minister Velasco sagte, er sei Opfer von "Gewalt, die auf einen Staatsstreich ausgerichtet ist". Auch die Medien im In- und Ausland werden beschuldigt, ein Präfekt zog Vergleiche zu Venezuela und Argentinien, wo die Medien eine Destabilisierung der Lage herbeiführen wollten.

Correa verteidigte indes die Erbschaftssteuer: Sie werde 92 Prozent der ecuadorianischen Bevölkerung, die Mittel- und Unterschicht, gar nicht betreffen. Nur Erbschaften von über 34.500 US-Dollar sind von der Steuer erfasst. Das Ziel sei eine "Demokratisierung des Reichtums". Die Einkommen der Ecuadorianer sind im internationalen Vergleich sehr ungleich verteilt.

Der Streit führte am Donnerstag zu einem Eklat in der Nationalversammlung. Während der Beratung des Gesetzentwurfs zur Erbschaftssteuer kamen es zu Tumulten, als Abgeordnete der Opposition "Keine weiteren Steuern!" riefen. "Raus mit den Putschisten" skandierte dagegen die Regierungsfraktion von Correas Alianza País.

Auch in der Nacht zum Samstag kam es in mehreren Städten zu gewalttätigen Protesten der Opposition. In Santa Cruz und San Cristóbal auf den Galápogos-Inseln blockierten rund 300 Personen Straßen, unter anderem die Verbindungsstraßen zu  den Flughäfen, und griffen Polizisten an. In Quito wurde die Zentrale der Alianza País attackiert.

Die Regierung hat indes laut Telesur-Korrespondent Francisco Ordóñez eine erneute Informationskampagne zu den geplanten Reformen angekündigt. Präsident Correa betonte via Twitter, in einer Demokratie habe jeder das Recht, friedlich zu protestieren.

Während Oppositionsvertreter drohten, ihre Proteste fortzusetzen, bis die Gesetzesvorhaben vom Tisch seien, kündigten Regierungsanhänger an, die "Bürgerrevolution" auch auf der Straße zu verteidigen. Die bisher durchgeführten und weiter geplanten Reformen zur gerechten Verteilung des Reichtums, zur Demokratisierung des Eigentums und zur Verhinderung der Spekulation mit Land seien der Weg zu sozialen und politischen Fortschritten in Ecuador.