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Boliviens Präsident will gegen Wähler von Sepp Blatter vorgehen

Fifa-Skandal sorgt für anhaltende Debatten in Lateinamerika. Behörden nehmen Verbände und Funktionäre unter die Lupe. Rousseff verteidigt WM in Brasilien

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Graffito gegen die Fifa und Polizeigewalt in Brasilien 2014
Graffito gegen die Fifa und Polizeigewalt in Brasilien 2014

La Paz. Boliviens Präsident Evo Morales hat gefordert, dass diejenigen, die den Schweizer Sportfunktionär Joseph Blatter inmitten einer der schwersten Korruptionsaffären in der Geschichte des Fußballs erneut zum Präsidenten des Fußballweltverbandes Fifa gewählt haben, ausfindig gemacht und sanktioniert werden.

"Diejenigen, die Blatter im Amt bestätigt haben, sollten bestraft werden, zurücktreten oder aus dem Verkehr gezogen werden", bekräftigte der Präsident in einen Interview mit Bolivia TV, dem staatlichen Fernsehkanal des südamerikanischen Landes. Zuvor war Morales offenbar von mehreren Seiten dazu aufgefordert worden, Schritte gegen den Bolivianischen Fußballverband (FBF) zu ergreifen.

Am Dienstag vergangener Woche hatte Blatter seinen Rücktritt verkündet. Der überraschende Schritt kam inmitten einer laufenden Untersuchung der US-Justiz gegen mehrere Fußballfunktionäre der Fifa aufgrund mutmaßlicher Korruptionsdelikte. Betroffen davon waren vor allem auch Sportfunktionäre aus Staaten Lateinamerikas.

Morales, der bereits zuvor den Rücktritt des FBF-Präsidenten Carlos Chávez gefordert hatte, kündigte Untersuchung über mögliche Korruptionsdelikte von Sportfunktionären auch im eigenen Land an. Zugleich gebe es Bestrebungen, einen Aktionsplan zur verbesserten Ausbildung von Nachwuchsfußballern zu entwickeln.

FBF-Präsident Chávez hatte zuvor zugegeben, für Blatter gestimmt zu haben. Unabhängig von diesem Stimmverhalten muss er am heutigen Dienstag bei der Staatsanwaltschaft vorstellig werden, die eine Untersuchung aufgrund von Korruptionsvorwürfen eingeleitet hat. Chávez ist zugleich Schatzmeister des südamerikanischen Fußballverbandes Conmebol.

Vor dem Hintergrund der Fifa-Korruptionsaffäre hatte Venezuelas Staatsanwaltschaft schon in der vergangenen Woche den Hauptsitz des nationalen Fußballverbandes FVF durchsuchen lassen. Die von Geheimdienstagenten durchgeführte Aktion steht im Zusammenhang mit der Festnahme von FVF-Präsident Rafael Esquivel, der derzeit mit sechs weiteren Fifa-Funktionären wegen Korruptionsvorwürfen in der Schweiz in Haft sitzt. Die Razzia erfolgte am vergangenen Mittwoch, nur wenige Stunden nachdem die Staatsanwaltschaft beantragt hatte, Esquivels Bankkonten einzufrieren. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro unterstützte die Aktion, obwohl er auch Bedenken wegen der Rolle der USA in den Gesamtermittlungen äußerte.

Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff wies indessen Darstellungen zurück, nach denen aus ihrem Land Schmiergeldzahlungen geflossen sein sollten, um den Zuschlag für die Fußballweltmeisterschaft der Fifa 2014 zu bekommen. "Brasilien ist ja kein Unbekannter in der Welt des Fußballs", sagte die linksgerichtete Politikerin in Stellungnahmen, die am Montag von der Tageszeitung "O Estado de São Paulo" publiziert wurden: "Wir müssen niemanden dafür bezahlen, um die Meisterschaft in unserem Land auszutragen, die zudem die lukrativste war, an die man sich erinnern kann." Sie sehe daher keinen Grund für den zuvor von Medien geäußerten Verdacht, dass auch aus Brasilien Gelder an die Fifa geflossen sein könnten.

Dennoch zeigte sich auch Rousseff damit einverstanden, dass angesichts der laufenden Debatte die Vergabe vergangener Turniere untersucht werden sollte. Man müsse die Verbindungen zwischen der Fifa und allen unter ihrer Ägide ausgerichteten Weltmeisterschaften unter die Lupe nehmen, bekräftigte sie.

Die Politikerin der regierenden Arbeiterpartei zeigte sich auch damit einverstanden, dass – wenn nötig – Ermittlungen gegen den nationalen Fußballverband CBF eingeleitet werden. Einer der Ex-Präsidenten des CBF, José Maria Marin, ist einer der Funktionäre des Fußballweltverbandes, der wegen mutmaßlicher Korruptionsdelikte unlängst in der Schweiz inhaftiert wurde.