Staatskrise in Guatemala

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Über 50.000 Menschen demonstrierten am 16. Mai in Guatemala-Stadt
Über 50.000 Menschen demonstrierten am 16. Mai in Guatemala-Stadt

Guatemala-Stadt. Die Demonstrationen in Guatemala reißen nicht ab. Auch am gestrigen Mittwoch gingen tausende Indigene und Bauern auf die Straße und forderten den Rücktritt von Präsident Otto Pérez Molina.  Am vergangenen Samstag nahmen alleine in Guatemala-Stadt auf dem Hauptplatz über 50.000 Personen bei der zweiten Protestkundgebung unter dem Motto "#RenunciaYa" (Rücktritt jetzt) teil. In verschiedenen Bezirkshauptstädten und auch im Ausland fanden sich weitere Guatemalteken zusammen, die gegen die Korruption und die allgemeinen Missstände in der Politik und im Justizsystem protestierten und den Rücktritt des Präsidenten fordern.

Auslöser der Proteste ist ein Korruptionsskandal auf höchster Regierungsebene, der Mitte April aufgedeckt wurde. Ein kriminelles Netz von Schmugglern und Zollbetrügern unter Führung des Privatsekretärs der Vizepräsidentin Roxana Baldetti soll Millionen US-Dollar unterschlagen haben. Nach landesweiten Demonstrationen am 25. April war Baldetti schließlich am 8. Mai zurückgetreten.

Der Zusammenschluss sozialer Bewegungen "Asamblea Social y Popular" verlangt in einem Kommuniqué, dass die für September festgesetzten Präsidentschafts- und Kongresswahlen verschoben und ein Übergangsrat gewählt wird, der das Wahl- und Parteiengesetz reformiert. Auf diesem Weg soll eine direkte Beteiligung aller sozialer Sektoren und indigener Völker ermöglicht werden. Weiter soll eine verfassunggebende Versammlung einberufen werden, die das Fundament für eine wirkliche Transformation des sozialen, wirtschaftlichen und politischen Systems legen soll, heißt es in dem Dokument.

Pérez Molina entgegnete den Demonstranten, dass er ein verfassungsrechtliches Mandat bis zum 14. Januar 2016 erfülle und im Amt bleiben werde. Eine Person auszuwechseln würde das Problem nicht lösen. Es seien tiefgründige Änderungen des Systems nötig, so der Präsident. Nach den großen Demonstrationen vom Sonntag führte die Volkspartei, die Partei des aktuellen Präsidenten, eine außerordentliche Versammlung zur Wahl des Präsidentschaftskandidaten durch. Der gewählte Kandidat, Mario David García, erklärte in seiner Ansprache, die Kundgebungen seien eine "radikale Verschwörung" gegen das Verfassungsrecht. Pérez Molina dürfe diesem Druck nicht nachgeben.

Die drei großen Bauernorganisationen CNOC, CUC und CODEACA kündigten derweil weitere Demonstrationen an, um den Rücktritt des Präsidenten durchzusetzen.

Am gestrigen Mittwoch wurden Medienberichten zufolge der Chef der Zentralbank des zentralamerikanischen Landes, der Leiter sowie mehrere Vorstandsmitglieder der Sozialbehörde (IGSS) sowie zwei Manager einer Pharma-Firma festgenommen. Die Justiz wirft ihnen Bestechung, Einflussnahme und die Berechnung illegaler Kommissionen vor. Rodríguez war früher Privatsekretär von Staatschef Pérez Molina. Dieser hatte ihn vor zwei Jahren 2013 als IGSS-Leiter eingesetzt, um in der Behörde gegen Korruption vorzugehen.