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El-Mercurio-Besitzer in Chile fliegt aus Journalistenverband

Agustín Edwards aktiv an Putsch-Vorbereitungen gegen Salvador Allende 1973 beteiligt. Menschenrechtsverletzungen unter der Diktatur gerechtfertigt

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Agustín Edwards, Inhaber der rechtskonservativen Zeitung El Mercurio mit Diktator Pinochet
Agustín Edwards, Inhaber der rechtskonservativen Zeitung El Mercurio mit Diktator Pinochet

Santiago. Der Inhaber der rechtskonservativen Zeitung El Mercurio, Agustín Edwards, ist wegen seiner Verwicklung in den Militärputsch im Jahre 1973 aus dem chilenischen Journalistenverband ausgeschlossen worden. Basierend auf Informationen, die in deklassifizierten Dokumenten der US-Regierung enthalten sind, kam das Gremium zu der am vergangenen Dienstag einstimmig getroffenen Entscheidung. Edwards habe als Kollaborateur des US-amerikanischen Geheimdienstes CIA zur Destabilisierung der Allende-Regierung und zur Verschleierung von Menschenrechtsverletzungen der seit 1973 operierenden Militärdiktatur beigetragen. Damit habe er gegen die ethischen Grundsätze der Journalistenvereinigung verstoßen.

Die Informationen enthüllen die aktive Beteiligung Edwards und dessen Zeitung El Mercurio an den Vorbereitungen des Putsches. Als Flagschiff der medialen Opposition gegen den sozialistischen Präsidenten Salvador Allende war die damals auflagenstärkste Zeitung des Landes federführende Kraft in der Hetzkampagne gegen den demokratisch gewählten Präsidenten. Darüber hinaus wird dem rechtskonservativen Blatt vorgeworfen, die Menschenrechtsverletzungen des seit 1973 etablierten Militärregimes gerechtfertigt beziehungsweise verschleiert zu haben, indem gezielt Informationen verschwiegen oder falsch dargestellt wurden, wie zahlreiche nachgewiesene Fälle belegen. Für ihre "Zuarbeit" wurde die Zeitung mit Einwilligung des damaligen US-Außenministers Henry Kissinger mit fast zwei Millionen US-Dollar von der CIA entlohnt.

Gegen seinen Ausschluss aus dem Journalistengremium kann der 87-jährige Edwards binnen zehn Tagen vor dem Nationalen Ethikgericht Einspruch erheben. In einer schriftlichen Stellungnahme, die im Mercurio veröffentlicht wurde, ließ er bereits verlauten, die Entscheidung verletze grundsätzliche Rechtsprinzipien. Zur Untermauerung seiner Reaktion zitierte Edwards ein Urteil des Ethikgerichts aus dem Jahre 2003, das ihn damals vor der Ausschluss aus dem Verband bewahrt hatte: "Die ideologischen und politischen Möglichkeiten eines Inhabers eines Kommunikationsmediums, sich gegen ein politisches Regime zu wenden oder es zu verteidigen, unterliegen in jedwedem Fall der Meinungsfreiheit. Ein Ethikgericht ist nicht befugt, darüber zu urteilen."

Im Gegensatz dazu begründete Javiera Olivares, die Vorsitzende der Journalistenvereinigung, den Ausschluss von Edwards damit, dass die Zeitung El Mercurio bei der Machtergreifung und -festigung der Diktatur unter Augusto Pinochet eine Rolle gespielt habe, die den grundlegenden Prinzipien des Gremiums – Wahrheitsverteidigung, Menschenrechte und Demokratie – widersprächen.

Im Jahre 2013 hatte Agustín Edwards zugegeben, während der chilenischen Militärdiktatur mit dem US-amerikanischen Geheimdienst CIA in Kontakt gestanden zu haben. "Laut der CIA war er der wichtigste Mitarbeiter, um die Bedingungen für einen Staatsstreich in Chile zu schaffen", schrieb der Historiker und Leiter des Chile-Archivs im National Security Archive, Peter Kornbluh. Doch obwohl er als Schlüsselfigur für die Wegbereitung des Putsches gilt, ist er bislang von der chilenischen Justiz verschont worden.

Die aktuelle Entscheidung des Journalistengremiums fast 42 Jahre nach dem Putsch und 25 Jahre nach Rückkehr zur Demokratie markiert einen Schlüsselmoment in der kulturellen und journalistischen Aufarbeitung der diktatorischen Vergangenheit des Landes. Entsprechend betitelte die Zeitung El Mostrador ihren Bericht darüber: "Das Ende eines Unantastbaren".

Die Familie Edwards spielt seit dem 19. Jahrhundert in Chile eine zentrale Rolle, zunächst durch ihre Geschäfte im Silber- und Kupferhandel und später auch im Bankensektor. Mit der Übernahme von Chiles einflussreichster Zeitung El Mercurio im Jahr 1877 baute sie ihren wirtschaftlichen und politischen Einfluss noch weiter aus. Die Mediengruppe El Mercurio der Familie bringt heute in Chile fünf landesweite und 20 regionale Tageszeitungen sowie mehrere Zeitschriften heraus und kontrolliert den Zeitungsmarkt in allen großen Städten. Darüber hinaus sind unter anderem das Internetportal emol.com und mehrere TV- und Radiosender in ihrem Besitz.