Mexiko / Menschenrechte

Generalstaatsanwalt: Verschwundene Studenten sind tot

Staatliche Version wird zur "historischen Wahrheit" erklärt. Eltern werfen Regierung politische Motive vor, den Fall schnell abzuschließen

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Bericht in "La Jornada" über die Pressekonferenz der Angehörigen und ihres Rechtsanwaltes Vidulfo Rosales
Bericht in "La Jornada" über die Pressekonferenz der Angehörigen und ihres Rechtsanwaltes Vidulfo Rosales

Mexiko-Stadt. Der Generalstaatsanwalt Mexikos, Jesús Murillo Karam, hat die am 26. September 2014 verschleppten Lehramtsstudenten aus Ayotzinapa offiziell für tot erklärt. Bei einer Pressekonferenz am gestrigen Dienstag sagte er, die jungen Männer seien ermordet und ihre Leichen auf der Müllhalde von Cocula verbrannt worden. Dies sei durch die vorliegenden Geständnisse von beteiligten Polizisten und überführten Tätern "sowie weitere Elemente" belegt.

"Das ist die historische Wahrheit der Ereignisse", so Karam. Es gebe "keinen einzigen Beweis" für eine Beteiligung der Streitkräfte, betonte der Generalstaatsanwalt.

Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto versicherte kurz nach den Verlautbarungen Murillo Karams, seine Regierung habe im Fall der verschwundenen Jugendlichen "beispiellose Anstrengungen" bei der Suche und den Ermittlungen unternommen. "Ich bin aber auch überzeugt davon, dass dieser Moment des Leids und der Tragödie und des Schmerzes in der Geschichte Mexikos uns nicht aufhalten darf, wir können dabei nicht stehen bleiben", sagte der Präsident.

Die Eltern der verschwundenen Studenten und ihr Rechtsanwalt wiesen die Version der Generalstaatsanwaltschaft entschieden zurück. Bei einer Pressekonferenz wenige Stunden nach dem Auftritt Murillo Karams erklärten sie, die Regierung Peña Nieto habe es offenbar eilig, die Akte zu schließen Es gebe jedoch viele Punkte in den Ermittlungen, die nicht aufgeklärt worden seien, und mindestens zehn Gründe, weitere Untersuchungen durchzuführen. Die Suche nach den Studenten könne keinesfalls eingestellt werden. Ihr Fall sei darüber hinaus nicht untypisch, denn es gebe noch viel mehr Opfer des gewaltsamen Verschwindenlassens im Land. Die Eltern kündigten an, internationale Gerichte einzuschalten und ihre Aktivitäten fortzusetzen. Zugleich forderten sie den Rücktritt von Peña Nieto.

Der Anwalt der Angehörigen, Vidulfo Rosales, betonte, es gebe keinen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass die 42 noch vermissten Studenten ermordet worden seien. Die Aussagen von "El Cepillo", auf die sich die Justiz vor allem stütze, seien nicht ausreichend, da er die begangenen Gewalttaten an den jungen Männern nicht von Anfang bis Ende gesehen habe. Darüber hinaus gebe es Klagen einiger Verhafteter, sie hätten unter Folter aussagen müssen. Auch seien mehrere Verdächtige, die helfen könnten aufzuklären, was mit den Studenten geschehen sei, noch immer flüchtig. Der Anwalt hob hervor, dass es seit dem Jahr 2003 nachweislich eine Zusammenarbeit der Streitkräfte mit dem Kartell Guerreros Unidos gegeben habe. Nach wie vor sei nicht geklärt, ob weitere Staatsbedienstete, nicht nur auf lokaler, sondern auf regionaler und nationaler Ebene, Komplizen dieser kriminellen Bande beim Verschwindenlassen der Studenten sind.