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Rechte in Brüssel verhindern Annäherung zwischen EU und Kuba

Interner Mailwechsel belegt Differenzen. Konservative verhindern Erklärung von Parlamentariergruppe. EU von Kurswechsel der USA überrascht

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Parlamentarische Versammlung AKP-EU: Das rechte Lager in Brüssel verhindert eine Annäherung an Kuba
Parlamentarische Versammlung AKP-EU: Das rechte Lager in Brüssel verhindert eine Annäherung an Kuba

Brüssel. Die historische Annäherung zwischen Kuba und den USA hat innerhalb der Europäischen Union heftige Auseinandersetzungen um den künftigen Kurs gegenüber dem sozialistisch regierten Karibikstaat ausgelöst. Das geht aus einem Mailwechsel europäischer Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung der AKP-Staaten (Afrika, Karibik, Pazifik) und der EU hervor, der amerika21 vorliegt. Demnach haben Vertreter der konservativen Mehrheit im Europäischen Parlament eine Erklärung verhindert, mit der die AKP-EU-Versammlung nach dem US-Vorbild auch für eine Annäherung der Europäischen Union an Kuba plädiert hätte. Vertreter der Sozialdemokraten reagierten auf die Blockade verhalten, linke Parlamentarier protestierten.

Die Mitglieder des Parlamentariergremiums "begrüßen die von (US-)Präsident (Barack) Obama angekündigte Wiederannäherung zwischen den Vereinigten Staaten und Kuba", heißt es in dem Text, der am 18. Dezember vom Sekretariat der AKP-EU-Gruppe versendet wurde. Man hoffe, dass die Ankündigung in einer Aufhebung der wirtschaftlichen Sanktionen gegen Kuba münde. Zugleich rief der Erklärungsentwurf, der vom Ko-Präsidenten der Gruppe, dem belgischen EU-Abgeordneten Louis Michel gezeichnet war, die EU-Staaten dazu auf, die sogenannte Gemeinsame Position gegenüber Kuba "zu verändern, damit Kuba Zugang zum Cotonou-Abkommen erhält". Dieser völkerrechtliche Vertrag regelt vor allem den zollfreien Warenverkehr zwischen der EU und den Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifikraums.

Obgleich in dem Text des belgischen Liberalen Michel auch eine "Verbesserung der Menschenrechtslage und der rechtsstaatlichen Ordnung" in Kuba gefordert wurde, blockierten konservative Abgeordnete die Initiative. In einer harschen E-Mail protestierte der deutsche CDU-Abgeordnete Michael Gahler gegen den Erklärungsentwurf. Die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen den USA und Kuba sei eine Sache, schrieb der hessische Christdemokrat, die Bereitschaft, einen Demokratisierungsprozess einzuleiten, sei eine andere Sache: "Die Castro-Brüder und ihre Ein-Parteien-Struktur haben jedoch kein Interesse, einen solchen Prozess einzuleiten", befand Gahler.

Sachlicher argumentierte der kroatische Konservative Davor Ivo Stier, der im Namen der Europäischen Volkspartei Einspruch gegen das Dokument einlegte. Die neuen Entwicklungen machten eine eingehende Debatte unter den EU-Mitgliedsstaaten notwendig, schrieb er an seine Parlamentskollegen. Tatsächlich hatte die am 17. Dezember zeitgleich in Havanna und Washington verkündete Wiederannäherung beider Staaten die EU kalt erwischt. Noch am Vortag hatten Mitglieder der Lateinamerika-Arbeitsgruppe des Europäischen Rates darüber gerätselt, weshalb die kubanische Seite laufende Gespräche über ein politisches Abkommen vorübergehend ausgesetzt hat. Nur einen Tag später erfuhren die Fachpolitiker den Grund in den Nachrichten: Offenbar will Havanna mit der EU auf Basis der neuen politischen Situation weiterverhandeln.

Angesichts der konservativen Blockade im EU-Parlament sprach sich der SPD-Europaabgeordnete Norbert Neuser für eine Aufnahme Kubas in die AKP-EU-Gruppe aus. Zwar forderte der Entwicklungspolitiker auch mehr Zeit für die Debatte. Doch stellte Neuser in einer internen Mail fest, dass die Öffnung der USA gegenüber Kuba "eine politische Chance für Europa" sei. Ähnlich äußerte sich in der Auseinandersetzung der spanische Sozialdemokrat Enrique Guerrero Salom.

Ironisch reagierte indes der linke portugiesische Politiker João Ferreira. "Folter, grausame, inhumane oder entwürdige Bestrafung, willkürliche Haftstrafen oder Verhaftungen, rassistische Diskriminierung, Arbeitslosigkeit, Hunger, Kinderarmut sowie fehlender Zugang zu Wohnraum, Gesundheitsversorgung, Bildung und Kultur – ja, hier gibt es offenbar ein Menschenrechtsproblem", heißt es in seiner E-Mail: "Aber nun können wir ja hoffen, dass das inspirierende kubanische Beispiel auch zu einer Verbesserung der Menschenrechtslage in den USA führt."