Regierung von Mexiko will Image in Europa aufbessern

Menschenrechtsbeauftragter in Berlin. Protest vor Botschaft. Deutsches Ministerium sieht Lage kritisch. Opposition in Berlin gegen Sicherheitsabkommen

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Protest außerhalb ...
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Berlin/Mexiko-Stadt. Die mexikanische Staatsführung reagiert nach mehreren Massakern an Zivilisten mit einer internationalen Kampagne auf die zunehmende Kritik. In diesem Zusammenhang besucht der Menschenrechtsbeauftragte des mexikanischen Außenministeriums, Juan Manuel Gómez-Robledo, derzeit auch Deutschland. Geplant sind Gespräche mit dem Deutschen Institut für Menschenrechte, der Deutsch-mexikanischen Parlamentariergruppe des Bundestages, Regierungsvertretern, Nichtregierungsorganisationen und Medien.

Ein erster Auftritt von Gómez-Robledo in der Botschaft Mexikos in Berlin wurde Mitte der Woche von Protesten begleitet – und auch auf offizieller Ebene steht Ärger an: Oppositionsvertreter im Bundestag drängen auf die Aussetzung der Verhandlungen um ein Sicherheitsabkommen zwischen Deutschland und Mexiko, das Polizeikräfte in dem lateinamerikanischen Land stärken würde. Entsprechende Anträge sollen von Linken und Grünen eingebracht werden. Zwar würde der Vertrag mit der Generalstaatsanwaltschaft abgeschlossen und sieht keine Hilfe für die umstrittenen Polizeibehörden auf regionaler und lokaler Ebene vor. Menschenrechtler gehen dennoch davon aus, dass das bilaterale Abkommen der Verletzung von Menschenrechten Vorschub leisten könnte.

In einem Vortrag vor rund 60 Fachleuten und Pressevertretern in der mexikanischen Botschaft in Berlin ging der Menschenrechtsbeauftragte vor allem auf den Fall von 43 verschleppten Studenten in der Ortschaft Iguala im südlichen Bundesstaat Guerrero ein. Das mutmaßliche Massaker und weitere tödliche Übergriffe von bewaffneten staatlichen Kräften sorgen derzeit für anhaltende Proteste im Land und für Kritik auf internationaler Ebene.

"Mir ist wichtig zu betonen, dass die Ermittlungen zu diesem schlimmen Fall noch nicht abgeschlossen sind", sagte Gómez-Robledo, der zurzeit in mehreren europäischen Hauptstädten für die Position der Regierung von Präsident Enrique Peña Nieto wirbt und dabei ausführlich auf Fortschritte in der Gesetzgebung verweist. Obwohl die Staatsanwaltschaft vom Tod der 43 jungen Männer ausgehe, setze man auch die Suche nach ihnen in der Hoffnung fort, sie doch noch lebend aufzufinden, bekräftigte der Funktionär. Dies fordern vor allem Familienangehörige und Freunde der Lehramtsstudenten. "Die Regierung hält zudem einen intensiven Dialog mit den Familien der Opfer aufrecht", so Gómez-Robledo, der bei seinem Auftritt in Berlin bemüht war, die Dialogbereitschaft des Staates zu belegen. Auch gestand er ein, dass Polizeikräfte und Militärs in Gewalttaten verwickelt seien: "Das können wir nicht leugnen".

Während sich bei der Veranstaltung in der Botschaft alle Fragen der anwesenden Gäste kritisch mit der Lage in Mexiko auseinandersetzten, protestierten vor der Tür mehrere Dutzend Personen gegen die Regierung Peña Nieto. Gómez-Robledo und andere Regierungsvertreter versuchten den Eindruck zu erwecken, "dass trotz der zunehmenden Proteste schon bald wieder die Ordnung hergestellt sein wird, um das Vertrauen von Investoren zu gewinnen", heißt es in einem Flugblatt. Die Aktivisten bekräftigten, dass "die Regierung in Mexiko am gewaltsamen Verschwindenlassen, außergerichtlichen Hinrichtungen und Folter" beteiligt sei. Diese These hatte Gómez-Robledo zuvor entschieden zurückgewiesen.

Indes bestätigt auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) die negative Menschenrechtsbilanz in Mexiko. Ein interner Bericht des Ministeriums aus dieser Woche, der amerika21 vorliegt, erkennt zwar einige Fortschritte und Bemühungen auf juristischer Ebene an. Dennoch heißt es in dem sechsseitigen Papier "Zur Lage der Menschenrechte in Mexiko und zu dem geplanten Sicherheitsabkommen mit Mexiko" unter anderem:

  • Es herrsche weitgehende Straflosigkeit, nur zwei Prozent aller Delikte führten zu einer Verurteilung;
  • Polizisten auf den unteren Ebenen (Munizipalpolizei, Gemeindepolizei) gelten als leicht korrumpierbar. Dies habe vor allem der Fall der verschleppten Studenten in Iguala gezeigt;
  • Die Todesstrafe sei 2005 nach einem Moratorium zwar endgültig abgeschafft worden. Es gebe jedoch Berichte über extralegale Tötungen im Rahmen der Bekämpfung der organisierten Kriminalität;
  • Besorgniserregend sei die Situation in den circa zu 25 Prozent überbelegten Gefängnissen;
  • Folter in Militär- und Polizeigewahrsam bleibe "ein gängiges Mittel der Beweisbeschaffung". Gleichwohl seien die Zahlen rückläufig;
  • Die Interamerikanische Menschenrechtskommission bemängele "häufige willkürliche Hausdurchsuchungen und Verhaftungen".
  • Es bestünden "grundsätzliche Zweifel, ob mexikanische Regierungsstellen in der Lage sind, ihrer Schutzverantwortung nachzukommen".