203 Firmen in Venezuela des Devisenbetrugs verdächtig

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Venezuela hat durch Devisenbetrug von Schein- oder Briefkastenfirmen allein im Jahr 2012 einen Schaden von 20 Milliarden US-Dollar erlitten
Venezuela hat durch Devisenbetrug von Schein- oder Briefkastenfirmen allein im Jahr 2012 einen Schaden von 20 Milliarden US-Dollar erlitten

Caracas. Das Nationale Außenhandelszentrum Venezuelas (Cencoex) hat nach Devisenkontrollen in der vergangenen Woche weitere 24 Unternehmen sanktioniert und sie vom Zugang zu Devisen ausgeschlossen. Diese werden aus dem Register der Nutzer des Devisenverwaltungssystems (RUSAD) gestrichen sowie von der Teilnahme an Auktionen des Devisensystems Sicad 1 ausgeschlossen.

Die Behörde hatte Ende Juli dieses Jahres eine Sonderoperation begonnen, um die ordnungsgemäße Verwendung von Devisen bei Unternehmen zu überprüfen, denen die inzwischen aufgelöste Kommission für Devisenverwaltung (Cadivi) bis November 2013 US-Dollar zugeteilt hatte. In jeder Woche müssen seitdem rund 75 Unternehmen daran teilnehmen. Ihnen wird eine Frist zur Offenlegung und Übergabe der angeforderten Unterlagen gesetzt, einschließlich Rechnungen und Bücher, aus denen die mittels Präferenzdollar importierten Waren ersichtlich sind.

Die Zahl der Unternehmen, die der Aufforderung des Cencoex zur Offenlegung nicht nachgekommen sind, beläuft sich mittlerweile auf 203. Gegen sie leitet die Behörde ein Verfahren ein und übergibt die Akte zur Prüfung eines Devisenbetrugs an die Generalstaatsanwaltschaft. Diese entscheidet, ob Bußgelder, Rückerstattungen oder sonstige Geldstrafen verhängt werden.

In Venezuela wurde im Jahr 2003 die Devisenkontrolle eingeführt, um Kapitalflucht zu verhindern. Der Zugang zu Devisen wird reguliert, sie sind ausschließlich nach Genehmigung durch verschiedenen Behörden verfügbar. Aktuell existieren durch die Kontrollen drei verschiedene offizielle Wechselkurse, die von 6,3 bis knapp 50 Bolívares pro Dollar reichen. Hinzu kommt der Schwarzmarktkurs, der zuletzt mit bis zu 100 Bolívares gehandelt wurde. Durch die großen Unterschiede dieser Wechselkurse, sind enorme Spekulationsgewinne möglich.

Venezuelas Präsident Nicolás Maduro hatte im vergangenen Jahr öffentlich erklärt, die damalige Kommission für Devisenverwaltung (Cadivi) sei "von Kriminellen durchsetzt" und eine Neuordnung des Devisenkontrollsystems angeordnet. Die Behörde wurde daraufhin aufgelöst, an ihre Stelle trat Cencoex. Gegen den ehemaligen Cadivi-Abteilungsleiter Francisco Navas Lugo und zahlreiche weitere Angestellte wurde Anklage wegen "betrügerischer Deviseneinnahmen" erhoben.

Laut dem Nachrichtenportal venezuelanalysis.com wird aktuell gegen 190 Unternehmen wegen des Verdachts auf betrügerischen Gebrauch von Präferenzdollars ermittelt, die ihnen für den Import von Produkten zugeteilt wurden.

Insgesamt hat das im November 2013 geschaffene Cencoex 1.059 Anweisungen zur Überprüfung erteilt. Zwischen 2003 und 2013 hat Cadivi mehr als 300 Milliarden US-Dollar an über 10.000 Unternehmen zugeteilt. Laut offiziellen Quellen hat der Staat durch Devisenbetrug von Schein- oder Briefkastenfirmen allein im Jahr 2012 insgesamt einen Schaden von 20 Milliarden US-Dollar erlitten. Sie hatten Geschäfte fingiert, um an Devisen zu kommen.

Die Generalstaatsanwältin des südamerikanischen Landes, Luisa Ortega Díaz, informierte im Juli dieses Jahres, dass ihre Behörde in 2.272 Fällen wegen illegaler Beschaffung und Verwendung von Devisen ermittelt. Dabei gehe es um Scheinfirmen sowie verschiedene Korruptionsdelikte bei Cadivi und auch Cencoex. Die Behörde veröffentlichte bereits Mitte August die Namen von über 110 Firmen, gegen die wegen mutmaßlicher Devisenvergehen, Korruption, organisierter Kriminalität und Finanzierung des Terrorismus und anderer Straftaten ermittelt wird (amerika21 berichtete).

Kritikern an der chavistischen Basis gehen die Maßnahmen der Behörden nicht weit genug. So fordern Aktivisten aus der Regierungspartei PSUV eine öffentliche und unabhängige Überprüfung der Devisenvergabe. An diesem "Schulden-Audit" sollen nach der Vorstellung der Parteiströmung Marea Socialista auch zivilgesellschaftliche Gruppen beteiligt werden.

Durch Veruntreuung, an der zwangsweise auch viel staatliche Beamte beteiligt seien, seien dem Land Milliarden entgangen, kritisieren sie. Marea Socialista zufolge haben die Devisenkontrollen zudem die Kapitalflucht eher begünstigt, als verhindert. Nach Berechnungen der Gruppe sind seit dem Wahlsieg von Hugo Chávez 1998 über 250 Mrd. US-Dollar aus dem Land geschafft worden.