Eine verfassungsgebende Versammlung für Chile?

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Ohne eine neue Verfassung kann Chiles Regierung ihre politische Agenda nicht vollständig umsetzen.
Ohne eine neue Verfassung kann Chiles Regierung ihre politische Agenda nicht vollständig umsetzen.

New York/Santiago de Chile. Bei ihrem Auftritt vor der UN-Generalversammlung am vergangenen Mittwoch hat Chiles Präsidentin Michelle Bachelet erneut ihre guten Absichten für die Schaffung einer neuen Verfassung betont. Diese solle vom Ursprung bis hin zum Inhalt komplett demokratisch sein, sagte sie in ihrer Rede. Die Präsidentin könnte damit ein Zeichen gegenüber den Rufen nach einer verfassungsgebenden Versammlung gesetzt haben, die nach ihrer Wiederwahl laut geworden sind.

Erst am vergangenen Dienstag haben eine Reihe sozialer Organisationen und politischer Parteien, darunter die Zivile Beobachtungsstelle der Menschenrechte, die Kommunistische sowie die Sozialistische Partei, der Präsidentin Michelle Bachelet einen Brief übergeben, in dem sie eine neue Verfassung durch eine verfassungsgebende Versammlung forderten. Solch eine Versammlung würde erst die Legitimität verleihen, die der aktuellen Verfassung fehle, so die Initiative.

Auch Fernando Atria, Mitglied der Verfassungskommission des Wahlkampfteams von Bachelet, betonte in einem Interview mit der Zeitung La Tercera, dass die Methode mit der größten Legitimität die verfassungsgebende Versammlung sei. Eine solche ist in der bestehenden Verfassung allerdings nicht vorgesehen. Um sie trotzdem zu ermöglichen könnte der Artikel 15, der sich mit dem Bürgerwahlrecht befasst, so modifiziert werden, dass er auch auf Plebiszite angewendet werden kann, erläuterte Atria.

Problematisch sei laut Atria, dass das neue Verfassungsprojekt mit Zweidrittel der Stimmen im Parlament bestätigt werden müsste. Das bedeute, dass auch die Stimmen derjenigen nötig sind, die von den Lücken der aktuellen Verfassung profitieren. Um diese Stimmen zu gewinnen, müsse die Regierung Kompromisse eingehen.

Bisher habe die Regierung versucht, Reformen voranzutreiben, und möglichst wenig Energie auf das Projekt "Neue Verfassung" zu verwenden. Doch um seine Reformen effektiv durchsetzen zu können, wird das regierende Parteienbündnis Neue Mehrheit eine neue Verfassung brauchen, da die bestehende viele der Veränderung in dem geplanten Umfang nicht erlaube. Um das Vertrauen der Bürger zu erhalten, und um die Probleme im Parlament zu meistern, so Atria weiter, müsse die Regierung eine tiefgehende und umfassende Diskussion über die Verfassung anstoßen.