Landesweiter Streik der Bauern in Kolumbien

Über 100.000 Bauern aus 15 Regionen beteiligt. Protest richtet sich gegen nicht gehaltene Versprechungen der Regierung. Bauern lehnen Protestkriminalisierung ab

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Rund 100.000 Bauern in 15 kolumbianischen Departments folgten dem Aufruf der zum Agrarstreik
Rund 100.000 Bauern in 15 kolumbianischen Departments folgten dem Aufruf der zum Agrarstreik

Bogotá. Seit einer Woche befinden sich die großen kolumbianischen Bauernvereinigungen landesweit erneut in einem unbefristeten Streik. Grund für

den Ausstand sind die nicht eingehaltenen Zugeständnisse, die die kolumbianische Regierung im vergangenen September nach wochenlangen Agrarstreiks den Bauernvereinigungen gemacht hatte. Die Kritik richtete sich damals vor allem gegen das Agrarwirtschaftsmodell, welches für die steigende Armut der Landbevölkerung verantwortlich gemacht wird. Insbesondere das Freihandelsabkommen mit den USA und Europa hat die kolumbianische Landwirtschaft in eine tiefe Krise gestürzt.

Rund 100.000 Bauern in 15 kolumbianischen Regionen folgten dem Aufruf der Bauernorganisation Dignidad Agropecuaria (Würde des Agrarsektors), wegen "jahrzehntelanger Vernachlässigung, unerfüllter Versprechen, antinationaler Regierungen und der ständigen Bedrohung des Verschwindens von Bauernaktivisten" auf die Straße zu gehen. Transportarbeiter, Fahrer, Milch-, Kakao- und Kaffeebauern nehmen an der sogenannten "Revolution der Ponchos" teil. Epizentren der Proteste sind die Regionen Santander, Sucre, Valle de Cauca oder Córdoba und Boyacá.

Wie der Repräsentant der Dignidad Agropecuaria, César Pachón, vor Pressevertretern erklärte, hat der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos, der sich am 25. Mai der Wiederwahl stellt, bei den Verhandlungen zwischen Vertretern der Regierung und Bauernschaft klargestellt, dass es derzeit keine Pläne für eine konkrete Neuausrichtung der Agrar-, Umwelt- oder Transportpolitik gäbe. Santos hält die Proteste zudem für ungerechtfertigt und angesichts der anstehenden Wahlen für politisch motiviert. Der Präsident behauptete in diesem Zusammenhang, dass seine Regierung die gegebenen Versprechen eingelöst hat. Die Regierung hat zwar für das laufende Jahr Investitionen von 680 Millionen US-Dollar in den Agrarsektor vorgesehen, trotzdem beläuft sich die Verschuldung der Regierung bei den Bauern noch immer auf insgesamt 250 Millionen US-Dollar.

Nur in einem der sechs Punkte der Gesprächsagenda, dem Zugang zu Landbesitz, hat es bisher Fortschritte gegeben. Die wesentlichen Forderungen wie die Neuverhandlung des Freihandelsabkommens mit den USA, die Kostenkontrolle bei Düngemitteln, Erlass von Bankkrediten, Kontrolle der Minenwirtschaft, Umweltschutz und die Unterstützung von Alternativanbau, um in einigen Regionen eine Überproduktion zu verhindern, sind bisher noch gar nicht angesprochen worden. Weitere Forderungen sind die Senkung der Kraftstoffpreise und die Bekämpfung des Schmuggels von Agrarprodukten aus dem Nachbarland Venezuela.

Zudem lehnen die Bauernvereinigungen die Kriminalisierung der Proteste durch die Polizei- und Militärkräfte ab. Den Bauernprotesten wird immer wieder von Sicherheitskräften unterstellt von Guerillagruppen unterwandert zu sein. Dieser Vorwurf diente in der Vergangenheit als Vorwand zur Repression von Streiks und Demonstrationen der bäuerlichen Vereinigungen.