Inflation und Engpässe in Venezuela halten an

Zentralbank sieht Zusammenhang mit "verschärftem Wirtschaftskrieg". Opposition und Gewerkschaften fordern Lohnerhöhungen

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Entwicklung der Inflation in Venezuela nach Monaten
Entwicklung der Inflation in Venezuela nach Monaten

Caracas. Nach der teilweisen Liberalisierung des Devisenmarktes in Venezuela bleiben die hohe Inflation und Versorgungsengpässe bei Waren des täglichen Bedarfs ein großes Problem.

Dies geht aus den Zahlen für März hervor, die die Zentralbank (BCV) am Donnerstag verspätet veröffentlichte. Demnach lag die Inflationsrate im März bei 4,1 Prozent und stieg damit gegenüber den Vormonaten wieder an (Januar: 3,3 Prozent, Februar: 2,4 Prozent). Mit 6,1 Prozent waren die Lebensmittelpreise trotz massiver staatlicher Subventionen und Preiskontrollen besonders stark von der Steigerung betroffen. In den ersten drei Monaten betrug die Preissteigerung somit 10,1 Prozent. Schon die Inflationsrate für das vergangene Jahr war mit 56,1 Prozent vergleichsweise hoch.

Widersprüchliche Informationen existieren hingegen in Bezug auf die Versorgungslage. Einige Medien berichteten unter Berufung auf die BCV, dass der Index für Unterversorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs ebenfalls weiter gestiegen sei und im März 29,4 Prozent (Februar: 28 Prozent) betrug. Der Vizepräsident für Wirtschaftspolitik, Rafael Ramírez, erklärte hingegen, dass der Index von 29,4 Prozent im Februar auf 26,9 Prozent im März gefallen sei und sich die Versorgungslage leicht verbessert habe. Der Index gibt an, wie viele Produkte einer ausgewählten Produktpalette Versorgungsengpässe aufweisen. Demnach ist etwa ein Drittel der Produkte nicht ausreichend verfügbar. Die Folge sind häufig lange Schlangen und Wartezeiten vor Geschäften. Die Zentralbank spreche bei 19 Produkten des Grundkonsums von "ernsten Versorgungsproblemen", berichtet die Tageszeitung El Universal.

Während Vertreter von Regierung und Opposition die Probleme der aktuellen wirtschaftlichen Situation anerkennen, könnte die Analyse der Ursachen kaum weiter auseinander liegen. Vertreter des oppositionellen Mitte-Rechts-Bündnisses "Tisch der Demokratischen Einheit" (MUD) geben der Regierung die Schuld an der Schieflage, weil diese die Wechselkurse festsetzt, die Devisen kontrolliert und versucht, über Kontrollen zumindest die Preise der wichtigsten Produkte bezahlbar zu halten. Gleichzeitig kritisieren MUD-Vertreter die bürokratischen Hürden, die überwunden werden müssen, um an US-Dollar zu gelangen, die für Importe gebraucht werden.

Die Regierung hingegen sieht sich in einem "Wirtschaftskrieg" und beschuldigt Privatunternehmen und Oppositionspolitiker aus politischen Gründen für die wirtschaftlichen Probleme verantwortlich zu sein. Ihr Ziel sei es, die Regierung aus dem Amt zu drängen und so das von Hugo Chávez begonnene Projekt zum Aufbau des Sozialismus in Venezuela zu beenden. So würden 30 bis 40 Prozent der Lebensmittel ins Ausland geschmuggelt, anstatt ihren Weg auf den venezolanischen Markt zu finden.In ihrer aktuellen Erklärung stellt die Zentralbank zudem einen Zusammenhang mit den Protesten und Ausschreitungen der vergangenen Monate her: Die Straßenblockaden und Angriffe auf Handel und Industrie habe die Produktion von Waren und deren Preise negativ beeinflusst, besonders bei den Lebensmitteln.

In Anbetracht der angespannten Lage forderten Oppositionspolitiker und Gewerkschaften massive Lohnerhöhungen, um den Kaufkraftverlust auszugleichen.

Der ehemalige Präsidentschaftskandidat des MUD und Gouverneur des Bundesstaates Miranda, Henrique Capriles Radonski, forderte die Regierung von Nicolás Maduro über den Kurznachrichtendienst Twitter auf, anlässlich des 1. Mai eine "generelle" Lohnerhöhung zu dekretieren, um die "schreckliche Inflation" auszugleichen. Das "staatskapitalistische" und "castro-kommunistische" Modell der Regierung sei überholt, kritisierte Capriles.

Auch Vertreter der kleineren Gewerkschaftsdachverbände Fadess und Únete forderten massive Lohnerhöhungen von mindestens 100 beziehungsweise mindestens 70 Prozent. Servando Carbone von der linksgerichteten Únete begründete die Forderung mit dem Kaufkraftverlust durch die hohe Inflation. Die Regierung müsse Abstand davon nehmen, lediglich den Mindestlohn zu erhöhen, sondern auch für die darüber liegenden Lohngruppen deutliche Lohnsteigerungen beschließen.

Die venezolanische Regierung hatte im vergangenen Jahr den Mindestlohn in mehreren Schritten um insgesamt knapp 60 Prozent angehoben und ist damit ihrer Politik treu geblieben, das Mindesteinkommen an die Inflation anzupassen. Die Entscheidung über diese Veränderung wurde in den letzten Jahren häufig anlässlich der Demonstrationen am 1. Mai verkündet. Bislang hat sich die Regierung jedoch in Bezug auf eine Lohnerhöhung für 2014 in Schweigen gehüllt. Lediglich eine Vertreterin des regierungsnahen Gewerkschaftsdachverbands CBT erklärte gegenüber dem staatlichen Fernsehsender VTV, dass es eine Lohnerhöhung geben werde, "mit der die Arbeiter zufrieden sein werden".