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Konflikt um Bergbau in Bolivien

Präsident Morales entlässt Minister. Betrügereien bei der Vergabe von Konzessionen aufgedeckt. Proteste gegen neues Bergbaugesetz

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Präsident Evo Morales mit Vertretern der Gewerkschaft Fencomin am Donnerstag
Präsident Evo Morales mit Vertretern der Gewerkschaft Fencomin am Donnerstag

La Paz. Boliviens Präsident Evo Morales hat den Minister für Bergbau, Mario Virreira, inmitten eines schweren Konflikts mit Minenarbeitern entlassen. Seinen Nachfolger, César Navarro, beauftragte Morales mit einer "gründlichen Prüfung" in seinem Ministerium. Er soll unter anderem klären, wer die Verantwortlichen für eine Reihe von Genehmigungen verfassungswidriger Verträge zwischen Privatunternehmen und Minenarbeitern zur Ausbeutung staatseigener Bodenschätze sind.

Diese Verträge, mit denen Genossenschaften die ihnen vom Staat erteilten Konzessionen an Privatunternehmen übertragen haben, bezeichnete Morales als "Vaterlandsverrat". Entsprechend kündigte der Präsident die Strafverfolgung aller Beteiligten an – darunter Beamte aus dem Ministerium für Bergbau und dem staatlichen Bergbauunternehmen Comibol. Innerhalb des technischen Teams des Ministeriums habe es "verdeckte Interessen gegeben, um dem bolivianischen Volk Schaden zuzufügen", sagte Morales bei der Vereidigung von Navarro.

Seit rund zwei Wochen haben Minenarbeiter von Genossenschaften mehrere Hauptverbindungsstraßen im Land blockiert, um gegen das neue Minengesetz zu protestieren, das am 29. März von der Abgeordnetenkammer angenommen wurde. Das Gesetz war seit drei Jahren von der Regierung mit Gewerkschaften, Unternehmern und Genossenschaften diskutiert worden. Der Protest der Bergleute richtet sich gegen Änderungen im Artikel 151 des Entwurfs. Dieser legt fest, dass nur der Staat das Vorrecht hat, Assoziationssabkommen zur Nutzung natürlicher Ressourcen abzuschließen.

Die Regierung erklärte, dass der ursprüngliche Artikel verfassungswidrig war, weil der Staat die Vereinbarungen mit Privatunternehmen über die Ausbeutung von Bodenschätzen genehmigen muss. Die Bergleute fordern dennoch, dass ihnen die Möglichkeit der Unterzeichnung von Konzessionsverträgen mit privaten nationalen oder ausländischen Unternehmen eingeräumt wird und verlangen die Rücknahme des Artikels.

Am 1. April – nach dem Tod von drei Menschen und mehr als 130 Verletzten bei schweren Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Arbeitern – kündigte die Regierung an, die Diskussion des Gesetzentwurfs im Senat zurückzustellen. Ein Dialog solle beginnen, um mit der Gewerkschaft der Genossenschaftsarbeiter, Fencomin, eine gemeinsame Basis zu finden.

Präsident Morales traf nun am vergangenen Donnerstag zu einem Gespräch mit Gewerkschaftsvertretern zusammen. Zuvor hatte er betont, die Minenarbeiter müssten wissen, dass die nationale Regierung, "die das Volk und den Plurinationalen Staat vertritt", nicht dazu erpresst werden könne, die Verfassung zu beugen. Der Präsident von Fencomin, Alejandro Santos, sagte "als Zeichen der Bereitschaft zum Dialog" die Aufhebung der Straßenblockaden zu. Vereinbart wurde die Überprüfung der umstrittenen gesetzlichen Neuregelungen durch eine Kommission aus Regierungs- und Gewerkschaftsvertretern. In die erneute Diskussion über das Bergbaugesetz sollen aber auch andere gesellschaftliche Sektoren, wie Bauern und angestellte Minenarbeiter einbezogen werden, da es von Bedeutung für das gesamte Land sei. Dies gab der für soziale Bewegungen zuständige Vizeminister Alfredo Rada im Interview mit Bolivia TV bekannt.

Indes informierte Staatsminister Carlos Romero, dass bislang 42 Abbauverträge zwischen Genossenschaften und privaten transnationalen Unternehmen aufgedeckt wurden. Diese seien eindeutig illegal, denn auch die bisherige Gesetzeslage verbiete die "Untervermietung" von Bodenflächen, die vom Staat überlassen wurden. Bei solchen Vereinbarungen erhielten die Unternehmen 80 Prozent der Gewinne, die Genossenschaften 19 Prozent und der Staat nur ein Prozent, so Romero. Der neu ernannte Minister für Bergbau, César Navarro erklärte, es seien rund zehn Prozent der landesweit aktiven Genossenschaften, die derartige Geschäfte machten. Davon profitierten folglich nur eine "Elite" und die Konzerne.

In der Verfassung Boliviens, die durch eine Volksabstimmung im Januar 2009 beschlossen wurde, heißt es in Artikel 349-I: "Die natürlichen Ressourcen sind direktes, unteilbares und unverjährbares Eigentum und Besitztum des bolivianischen Volkes, ihre Verwaltung gemäß dem kollektiven Interesse kommt dem Staat zu."