Paramilitärs breiten sich in Bogotá und Medellín aus

Paramilitärische Banden kontrollieren Müllabfuhr in Vierteln Medellíns. Hinweis auf Folterhäuser. Zunahme von Drohungen durch Paramilitärs in Bogotá

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Ciudad Bolívar, ein Stadtteil von Bogotá
Ciudad Bolívar, ein Stadtteil von Bogotá

Bogotá / Medellín. Einwohner von benachteiligten Stadtteilen Bogotás und Medellíns klagen über eine stärkere Präsenz der Paramilitärs.

Seit Anfang 2014 kontrollieren paramilitärische Banden die Müllabfuhr im Viertel Belén Rincón von Medellín, berichtet die Online Zeitung "Colombia informa". Die Anwohner des Viertels dürfen seit Januar ihren Müll nicht mehr selbst zu den gewöhnlichen Sammelpunkten bringen, sondern müssen ihn Boten der Paramilitärs überreichen. Für den "Service" zahlen sie einen "freiwilligen Beitrag". Wer seinen Müll diesen Männern nicht übergebe, müsse eine Geldstrafe von 200.000 Pesos (80 Euro) zahlen, kündigten die Paramilitärs im Dezember an. Laut Aussagen der Einwohner sammeln die sogenannten Jungs jeden zweiten Tag den Müll und bringen ihn zu den üblichen Sammelplätzen, damit er von den normalen Müllwagen abgeholt wird. Dabei ermahnen sie die Nachbarschaft, sich an die Regeln zu halten, denn "diese seien nicht bloßes Gerede", erzählt eine Nachbarin von Belén Rincón.

Es handle sich dabei um bewaffnete Strukturen, die der paramilitärischen Gruppe "Los Urabeños" angehören, so "Colombia Informa". Laut dem Menschenrechtler und Leiter der NGO Corpades, Fernando Quijano, würden 70 Prozent Medellíns von 350 paramilitärischen Banden kontrolliert, die insgesamt über 8.000 bis 13.000 bewaffnete Männer verfügen, 40 Prozent von ihnen seien Minderjährige. Für die Einwohner sei allerdings klar, dass die Kontrolle der betroffenen Stadtteile gemeinsam in den Händen der Polizei und der paramilitärischen Banden liege, führt Quijano aus.

Ebenso wurde seit 2012 die Existenz von Folterhäusern in Medellín angeprangert. Parallel zu der raschen Modernisierung der Stadt existieren dort Formen der extremen Gewalt, klagt Quijano. In den Folterhäusern sollen Menschen zerstückelt werden. Circa 400 Menschen seien verschwunden.

Auch die Gemeinschaften des armen Südens von Bogotá beobachten die Ausbreitung von paramilitärischen Banden in ihren Vierteln. So sollen Im Stadtteil Soacha die Drohungen gegen Vertriebene, Lehrer, Gemeinschaftsführer und engagierte Jugendliche seit Ende 2013 zugenommen haben, berichtete der Ombudsmann Armando Otálora.

In Soacha, in Ciudad Bolívar sowie im ganzen südöstlichen Teil Bogotás kontrollieren und konkurrieren paramilitärische Strukturen wie "Los Rastrojos", "Bloque Capital", "Águilas negras" um den Straßenverkauf von Drogen. Außerdem verfolgen und töten sie organisierte Einwohner. Sätze wie "Lassen Sie nicht zu, dass ihre Kinder mit Kommunisten zu tun haben", sind typisch für die paramilitärischen Pamphlete. Nach dem Agrarstreik im vergangenen Jahr, der auch von Jugend- und Bürgerorganisationen des Südens von Bogotá unterstützt wurde, seien außerdem bewaffnete Gruppen von "Los Urabeños" in diese Zonen gekommen, so Aktivisten der Jugendbewegung.

Einwohner einiger Viertel berichten auch über die Zunahme der Militär- und Polizeipräsenz. Beides verbinden sie mit dem Interesse, eine territoriale Kontrolle im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen im Mai auszuüben.