Deutschland / Politik

Initiative gegen Kissinger-Professur findet Zuspruch

Erklärung "Für zivile Uni und gegen Kissinger-Professur" findet zahlreiche Unterstützer

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Noch immer als "Berater" der US-Politik geschätzt: Henry Kissinger, hier mit Außenminister John Kerry im September 2013
Noch immer als "Berater" der US-Politik geschätzt: Henry Kissinger, hier mit Außenminister John Kerry im September 2013

Bonn. Die "Initiative Zivile Uni Bonn", die sich gegen die geplante "Henry Kissinger-Professur" richtet, hat in der vergangenen Woche eine Erklärung veröffentlicht, die bereits viele prominente

Erstunterzeichner und Organisationen aus der Zivilgesellschaft vorweisen konnte. Unter anderem die Bonner Landtagsabgeordneten "Felix" von Grünberg und Rolf Beu, die Europaabgeordnete Barbara Lochbihler und der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko unterstützen die Losung: "Der Name Henry Kissingers für eine Professur für Völkerrecht ist untragbar." Begründet wird dies mit Kissingers Mitverantwortung für die Bombardements von Kambodscha, Laos und Vietnam, mit der Unterstützung des Militärputsches in Chile 1973 und des folgenden Pinochet-Regimes, mit Kissingers Aufforderung an die argentinische Junta ihren "Schmutzigen Krieg" gegen die Opposition zu intensivieren und der Billigung des indonesischen Angriffskriegs gegen Osttimor.

Zu diesen Unterzeichnern aus dem politischen Betrieb kommen Wissenschaftler, Mitarbeiter der Universität Bonn und viele mehr. Prominente unterstützende Organisationen sind beispielsweise das European Center for Constitutional and Human Rights und der AStA der Universität Bonn. Der Kritik schlossen sich seit der Veröffentlichung am Donnerstag bis zum folgenden Samstag weit über 300 Personen an. Auch hier zeigte sich einige Prominenz: sowohl emeritierte als auch aktive Professoren, darunter der Bremer Völkerrechtler Andreas Fischer-Lescano, viele wissenschaftliche Mitarbeiter und Bonner Doktorandinnen und Doktoranden.

Mit der Erklärung bringen die Unterzeichnenden aber nicht nur ihr Unverständnis für die Namensgebung, sondern auch ihre Gegnerschaft zur ersten vom Verteidigungsministerium finanzierten Professur an einer zivilen Universität zum Ausdruck. So heißt es: "Wir sprechen uns klar dagegen aus, dass Lehrstühle durch das Bundesministerium der Verteidigung oder die Bundeswehr finanziert werden. Forschung, Lehre und Studium an der Universität sollen zivilen und friedlichen Zwecken dienen." Damit hat auch Bonn seine Debatte über die Einführung einer Zivilklausel.

Die Bonner Universitätsleitung war von dem Protest überrascht worden. Auf vereinzelte Kritik hatte man sich eingestellt, schließlich ist man sich der Kontroversen bewusst, die es um den Mann gibt, nach dem man die Professur für Völkerrecht benennen möchte. Auch die Finanzierung durch das Bundesverteidigungsministerium ließ von Beginn an Kritik erwarten, da die Zahl der Universitäten, an denen Mitarbeiter und Studierende eine Zivilklausel fordern, in den letzten Jahren stark anwuchs. Doch mit der scharfen und mittlerweile seit Monaten anhaltende Kritik hatte man nicht gerechnet.

Das kommende Sommersemester wird wohl auch von Protesten und Diskussionen rund um die Kissinger Professur geprägt werden. Nicht zuletzt erfuhr die Auseinandersetzung in Bonn auch Aufmerksamkeit in der überregionalen Presse: Ein Radiobeitrag bei WDR5 endete mit einem Gedanken darüber, was passieren könnte wenn die Professur zustande kommen sollte: "Vielleicht wird man über die in Bonn bald ausgebildeten Fachleute für internationale Beziehungen später das sagen können, was Roger Morris über seinen einstigen Chef Henry Kissinger sagte: 'Meine persönliche Meinung: Wenn wir Henry Kissinger nach den gleichen Maßstäben beurteilen, wie wir es mit den anderen Staatschefs und Politikern in anderen Gesellschaften getan haben, zum Beispiel in Deutschland und Japan nach dem Zweiten Weltkrieg, dann wird er sicher irgendwann als Kriegsverbrecher verurteilt werden.'"