Neues Sozialprogramm für Barrios in Venezuela

Fünf Eckpunkte zur Verbesserung des Lebensstandards in den Barrios aufgestellt. Bevölkerung beteiligt sich aktiv an der Umsetzung

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Renovierte Häuser in einem Barrio von Caracas
Renovierte Häuser in einem Barrio von Caracas

Caracas. Die venezolanische Regierung hat ein neues Sozialprogramm zur Verbesserung der Lebensbedingungen

in den Barrios des Landes gestartet: Die "Gran Misión Barrio Nuevo, Barrio Tricolor" (Große Mission Neues Barrio, dreifarbiges Barrio). Als Barrios werden in Venezuela städtische Gebiete bezeichnet, die von den Bewohnern ursprünglich illegal angeeignet wurden, um dort Wohnraum zu schaffen.

Das Programm "Barrio Nuevo, Barrio Tricolor " hat nach Angaben der Regierung fünf Eckpunkte: die Organisierung der Bevölkerung für den Aufbau der Kommunen, die territoriale Planung für die Umgestaltung des Barrios, die Bereitstellung von Logistik und Ressourcen durch den Staat und den Aufbau der kommunalen Produktion für die sozioproduktive Entwicklung. Eine enge Zusammenarbeit mit den Regierungsprogrammen für Prävention und Kriminalitätsbekämpfung sei vorgesehen. Auf der Tagesordnung stehen auch Verbesserungen bei der Müll- und Abwasserentsorgung sowie bei der Versorgung mit Trinkwasser, Strom und Gas. Darüber hinaus sollen Häuser für die gemeinschaftliche Nutzung gebaut und Bäume gepflanzt werden. Alle Maßnahmen sollen mit den Gemeinden vor Ort entwickelt werden, die kommunalen Räte seien die Hauptakteure dieser Veränderungen. In den kommenden Monaten soll die Umsetzung des neuen Sozialprogramms von der Regierung an die kommunalen Räte, die Kommunen und andere lokale politische und soziale Organisationen übergehen.

Seit Anfang November wird "Barrio Nuevo, Barrio Tricolor " in der Hauptstadt Caracas umgesetzt und wurde inzwischen auch in den Bundesstaaten Aragua, Miranda und Zulia begonnen. Nach Angaben von Venezuelas Präsident Nicolás Maduro sollen mit dem Programm innerhalb eines Jahres eine Million Haushalte erreicht werden. Zusammen mit dem Wohnungsbauprogramm der Regierung werde es für die kommenden fünf Jahre im Zentrum der gemeinsamen Bemühungen der Regierung und der Bevölkerung zur Verbesserung der Lebensqualität stehen. Es gehe auch darum "Die Wunden des Elends und der akkumulierten Armut hinter uns zu lassen, die uns diejenigen zugefügt haben, die unser Land geplündert haben", so Maduro

Der Architekt und Mitarbeiter im Präsidialbüro für spezielle Pläne und Projekte (OPPP), Gilberto Rodríguez, erklärte im Gespräch mit amerika21.de noch während der Planungsphase des Programms, dass neben dem Bau neuer Wohnungen die zweite große Aufgabe darin bestehe, die Lebensbedingungen in den Barrios zu verbessern. Diese machen etwa 60 Prozent des städtischen Territoriums aus. In den vergangenen 14 Jahren seien zwar Straßen, Schulen und medizinische Zentren gebaut worden und die in den kommunalen Räten organisierte Bevölkerung habe viele Verbesserungen erreicht, dennoch bleibe noch enorm viel zu tun.

Es könne nicht darum gehen, die in Jahrzehnten gewachsenen Strukturen zu zerstören und die Barrios abzureißen, so der Architekt. Vielmehr sollen Häuser und Wohnungen renoviert und die Infrastruktur verbessert werden. Für die Bewohner einsturzgefährdeter Häuser müsse neuer Wohnraum geschaffen werden. Weil viele Häuser in riskanten Hanglagen gebaut sind, werden bei Unwettern regelmäßig eine Vielzahl von Gebäuden zerstört. Wie katastrophal die Situation in manchen an den Hügeln rund um Caracas errichteten Vierteln ist, wurde im Jahr 2011 deutlich: Nach schweren Regenfällen wurden innerhalb weniger Wochen mehr als 7.000 Familien obdachlos und mussten in Notunterkünften untergebracht werden, sieben Menschen kamen ums Leben. Auch heute noch leben Familien in Gebieten mit hoher Erdrutschgefahr.